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Unterm Strich

Ohne seine Vorarbeiten wäre die Berliner Ausstellung zum „XX. Jahrhundert“ um einige Exponate ärmer: Werner Haftmann ist in der Nacht zum Donnerstag gestorben. Der Professor für Kunstgeschichte wurde 87 Jahre alt. Seine Karriere begann gleich nach dem Zweiten Weltkrieg: Er war der erste Direktor der Berliner Nationalgalerie und gab auch nach 1945 die ersten Bücher über all jene Künstler heraus, die von den Nazis als „entartet“ verfemt worden waren. Der 1912 im polnischen Glowno geborene Wissenschaftler galt als ausgewiesener Fachmann für die Malerei des 20. Jahrhunderts, über die er eine umfangreiche Enzyklopädie schrieb.

International bekannt wurde Haftmann auch durch seine Mitarbeit an der ersten documenta 1955 in Kassel. Damals rechtfertigte er im Katalog, warum die Ausstellung auf Kunst der Nazizeit verzichtete: Zwischen 1933 und 1945 sei „trotz größter Förderung und Auftragserteilung nicht ein einziges erinnerungswürdiges Werk entstanden“. Besonders engagiert war Haftmann in Sachen Abstraktion: Sie war für ihn die Weltsprache der kulturellen Verständigung nach dem Krieg. Mit diesem Argument verteidigte er US-Künstler wie Pollock oder De Kooning gegen die sozialrealistische Sowjet-Malerei. Später leitete Haftmann von 1967 bis 1974 die Berliner Nationalgalerie, bevor er sich krankheitsbedingt aus dem Museum zurückziehen mußte.

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