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Bezichtigung

Noch ist es für den Berliner Szenegänger ungewohnt, aber bald wird es Routine sein: Eröffnungen, Premieren, Lesungen „in Beisein“ politischer Prominenz. „In Beisein des Staatministers für Kultur, Herrn Dr. Michael Naumann“ stand also auf der Einladungskarte der Kunst-Werke, eines gemeinnützigen Trägervereins für die Belange zeitgenössischer Kunst, der nun nach einer vierjährigen Umbauphase sein Haus – eine mehrflüglige Barockanlage – Freitagabend wieder öffnete. Passend zur derzeitigen Kunstmesse „art forum berlin“.

Für 19.45 Uhr war auf dem Presse-„Timetable“ allerdings auch eine Ansprache des Staatsministers angekündigt. Allein, es blieb beim „in Beisein“. Denn Michael Naumann – und das macht ihn zum denkbar sympathischsten Kunstgänger – war von der Performance der Künstlerin Marina Abramovic derart beeindruckt, dass er in ihrer Anwesenheit die üblichen Grußworte an das Publikum verfehlt fand. Und nur in jenem neuen Kellerraum, in dem die wunderschöne Frau vollkommen nackt auf einem Fahrradsattel hoch oben in einem bestrahlten Viereck an der Wand balancierte, hätte die Ansprache das aufmerksame Ohr der Gäste gefunden. Ein bisschen provinziell freilich war die Ehrfurcht auch, aber bald wird das Dabeisein auch nur Routine sein. wbg

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