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Hitparade des Ärgers

■ Wenn Mieter mit Vermietern kabbeln, geht es in Beratungsgesprächen in einem Viertel der Fälle um die Nebenkosten. Auch sonst wird viel gestritten

Es sind oft die kleinen Dinge im Leben, die einem den Menschen ins Gedächtnis rufen, der jährlich zig tausend Mark von uns bekommt: Wenn die kaputte Heizung tagelang nicht repariert wird, von der feuchten Außenwand die Tapete langsam abfällt oder wieder mal eine saftige Mieterhöhung ins Haus flattert, dann denken wir an ihn. Ärger mit dem Vermieter ist zwar nicht unbedingt so alltäglich wie Zähne putzen, aber fast jeder kann zu diesem Thema eine Anekdote beitragen.

Ein besonders ausführliches Lied wissen die Mietervereine vom Zank und Streit ihrer Mitglieder mit Vermietern zu singen. Rund 800.000 Beratungen führen die 350 Mietervereine, die dem Deutschen Mieterbund (DMB) angehören, jährlich durch. Der Deutsche Mieterbund hat soeben die Zahlen zu den zehn häufigsten Beratungsthemen herausgegeben. Auch für Bremen liegt eine Rechtsschutzauswertung, unterteilt in sieben Streitgegenstände, darüber vor, welche die drängendsten Anliegen der Mieter sind.

Einer der größten Erfolge der Beratungen durch die Mietervereine ist vorbeugender Art: 97 von 100 Auseinandersetzungen werden außergerichtlich beigelegt. Kommt es trotzdem zum Prozess, ist man beim Rechtsschutz des DMB ebenfalls in guten Händen: In bundesweit 40,8 Prozent der Fälle gewinnt der Mieter. Verlorene Prozesse haben mit 14,1 Prozent den geringsten Anteil. Vergleiche wurden in 24 Prozent der Auseinandersetzungen erzielt.

Der unangefochtene Streitfavorit ist sowohl bundesweit als auch speziell in Bremen das Thema Nebenkosten. Die sogenannte zweite Miete ist Gegenstand jedes vierten Beratungsgesräches, überregional genauso wie an der Weser. Bei den Juristen der Mietervereine geht es vor allem um folgende Fragen: Welche Kosten dürfen als Nebenkosten auf die Mieter abgewälzt werden? Sind Verwaltungs- oder Reparaturleistungen in den Abrechnungen enthalten? Wie werden die Gesamtkosten auf die einzelnen Haushalte umgelegt? Die Nebenkosten sind in den vergangenen Jahren explodiert, wer die Abrechnungen genau studiert, kann oft viel Geld sparen.

Ansprüche der Mieter auf Instandsetzung von Wohnungsmängeln sind in den Beratungen der Mietervereine ebenfalls ein Dauerbrenner. Mit 17 Prozent hat dieser Anteil bundesweit einen etwas höheren Anteil als in Bremen (knapp 15 Prozent). Hundert Prozent der Miete können nur verlangt werden, wenn die Wohnung, wie in der Regel bei Abschluss des Mietvertrages vereinbart, auch hundertprozentig in Ordnung ist. Mängel, die später an der Wohnung entstehen, müssen vom Vermieter behoben werden. Andernfalls hat der Mieter das Recht, seine Zahlungen entsprechend zu kürzen. Die Reduzierung der Miete kann ein Prozent betragen, etwa im Falle eines defekten Briefkastens. Im Extremfall muss gar keine Miete mehr gezahlt werden, etwa beim kompletten Ausfall der Elektrik oder der Heizung im Winter. Bevor man hier zur Tat schreitet, empfiehlt sich jedoch eine ausführliche Beratung.

Umgekehrt gibt es allerdings auch gerne Ärger wegen der geforderten Schönheitsreparaturen vor dem Auszug: Wie hat die Wohnung bei der Übergabe auszusehen? Bei einer abschließenden Renovierung geht es schnell um einige tausend Mark. Bevor die Maler bestellt werden, oder Freunde und Bekannte zum Pinsel greifen müssen, lohnt ein Blick in den Mietvertrag. Jedes zehnte Beratungsgespräch des Mietervereins Bremen dreht sich um den Abschied im Zorn. Bundesweit beträgt der Anteil lediglich sieben Prozent. Das entspricht fast genau dem Anteil der Streitigkeiten um Kautionen, in der Statistik des DMB (7,5 Prozent). Da drängt sich ein Zusammenhang förmlich auf.

Etwa 14 Prozent der Rechtschutzfälle des Mietervereins Bremen befassen sich mit Kündigungen, die der Mieter veranlasst. Bundesweit liegen die Zahlen deutlich niedriger: Deutschlandweit hatten rund 8,5 Prozent der Beratungen diesen Bereich zum Gegenstand. Erstaunlich ist, dass die Vermieterkündigung mit sechs Prozent (fünf Prozent bundesweit) ein deutlich geringeres Problem darstellt. Der Grund: Viele vor allem junge Mieter haben in den letzten Jahren Zeitmietverträge abgeschlossen, ohne darüber nachzudenken, dass sich ihre Lebensumstände rasch ändern. Lange Kündigungsfristen erschweren neben Zeitmietverträgen den Mietern oft die notwendige berufliche Flexibilität.

Der Klassiker Mieterhöhung hingegen ist zwischen Mietern und Vermietern in Bremen weit weniger aktuell als im Rest der Republik: Deutschlandweit liegt das Thema mit satten neun Prozent auf Platz vier der zehn häufigsten Beratungsthemen. Hierzulande kommt der Zankapfel gerade mal auf einen Anteil von knapp sechs Prozent in der Beratungsstatistik und landet damit auf Platz sieben, bei ebenso vielen Kategorien. In Sachen Mieterhöhung kann tendenziell ebenso wie bei Auseinandersetzungen um Nebenkosten viel Geld gespart werden. Sollten die Vermieter in Bremen weniger raffgierig sein als der deutsche Durchschnitt, oder lassen sich die Bremer leichter über den Tisch ziehen als andere Bundesbürger?

Lars Klaaßen

Tipps, Tricks, Erläuterungen und Kontaktadressen rund um die zehn häufigsten Streitpunkte zwischen Mietern und Vermietern sind im Sonderheft des DMB „MIETER Dein Recht“ aufgeführt. 82 Seiten, 7,50 Mark.

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