: „Verlorene Kindheit zurückgeben“
■ 14 ehemalige JahnschülerInnen bauen eine Schule in Nicaragua auf und helfen Kindern, die an einem Müllberg leben
Beim FC St. Pauli fragen sie nach Fußbällen, bei Karstadt nach Spielzeug und bei Globetrotter nach Moskitonetzen. Spenden können die 14 ehemaligen Schüler der Jahn-Gesamtschule dringend gebrauchen. Denn am 15. September fahren sie für drei Monate in die nicaraguanische Hauptstadt León und wollen nicht mit leeren Händen ankommen. Teilnehmerin Maria Otte weiß: „Die können dort alles dringend gebrauchen.“
Den Kontakt nach Nicaragua vermittelte der Hamburger Kinderarzt Jürgen Steidingers, der seit 1992 in León lebt. Die 19- bis 22-jährigen jungen Leute fahren auf eigene, private Initiative und Kos-ten. In León arbeiten sie in zwei Projekten. Vormittags helfen sie beim Bau einer Schule auf einem Gelände außerhalb der Stadt, unter Anleitung von nicaraguanischen Fachkräften. Das Gelände für die Schule hat Jürgen Steidinger gekauft. Ziel des Projektes ist die Ausbildung obdachloser nicarguanischer Jugendlicher. Sie werden bereits beim Bau helfen und später in den fertigen Räumen zu Klempnern, Maurern und Elektrikern ausgebildet werden.
Maria Otte erklärt, warum dieses Projekt eine Lücke füllt: „Oft werden die Straßenkinder nur bis zu einem bestimmten Alter unterstützt. Je älter sie werden, desto weniger Mitleid erregen sie in Europa.“ Viele fallen danach wieder in ein Loch und kehren in den Teufelskreis aus Armut, Drogen, Prostitution und Kriminalität zurück. „Mit der Ausbildung bekommen 50 Jugendlichen pro Jahr ein Zertifikat und werden so hoffentlich eine Arbeitsstelle finden“, sagt Maria. In einem Land, in dem fast die Hälfte der Menschen unter der Armutsgrenze leben, ist das nicht leicht.
Nachmittags kümmern sich die Hamburger um Kinder, die an einem Müllberg leben und jeden Tag im Abfall nach Essen, Kleidung und anderem Verwertbarem suchen. „Wir wollen mit ihnen Zeit verbringen und ihnen ein Stück Geborgenheit geben“, sagt Maria. Die Jugendlichen bieten Fußball-, Gitarren- und Brettspiele an und helfen einer nicaraguanischen Mütterinitiative, die mit deutschen Spenden für die Kinder Mittagessen kocht. Übernachten werden die Hamburger in einer ehemaligen Schule neben dem Müllberg. Cindy Schaf freut sich auf die drei Monate in der fernen Stadt : Sie will mit ihrem Engagement den Kindern und Jugendlichen „ein Stück verlorene Kindheit zurückgeben“.
Henrik Gast
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