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Dirigierter Zufall im Paradies

Zwischen irischen Aussteigerklischees und frischem Kamerablick. „Conamara“, Eoin Moores Dreiecksfilm, erzählt von verliebten Postbotinnen und sehnsüchtigen Priestern

Conamara ist eine Region an der Westküste Irlands, karg, aber schön, übersichtlich und doch voller Nischen. Ob Langzeitstudent oder Studienrat, Hausfrau oder Partygirl, viele malen sich für den erträumten Ausstieg eine solche Landschaft aus: Das öde eigene Leben hinter sich lassen, in Irland als Postbotin übers Land fahren, die Briefe noch persönlich übergeben und immer bereit für einen kleinen Schwatz sein.

Mit einer solchen Idylle der Einfachheit beginnt Eoin Moores Film. Die Holländerin Maria hat dazu noch Mann und Kind, und käme nicht plötzlich eine ungelenke einsame Gestalt zielstrebig die krumme Straße auf ihr Heim zu, gäbe es wohl nichts weiter zu erzählen. Der deutsche Axel kennt Maria von früher und will sich nun in Conamara ein neues Leben aufbauen. Er ist die Figur, die das eingespielte Gleichgewicht der kleinen Gemeinde ins Trudeln bringen soll. Für den deutschen Zuschauer bringt er dabei noch ein ganz besonderes Moment der Irritation mit: Eben noch fühlte man sich sicher im Betrachten einer Idylle der Anderen und muss plötzlich mit ansehen, wie dort ein Spiegelbild des Eigenen eindringt. Andreas Schmidt spielt den alternativen Rucksackdeutschen mit dieser Mischung aus sprachlicher Weltgewandtheit und langweiligem, durch kleine Verschrobenheiten aufgepepptem Charakter, die typisch und auf fast unheimliche Weise vertraut erscheint.

Seine konventionelle Dreiecksgeschichte will Moore möglichst unkonventionell erzählen. Wie ein natürliches Auge lässt er die Kamera schweifen, um Momente zu erhaschen, die echter sind als gespielt. An manchen Stellen gelingt das, und der Zuschauer wird zum konspirativen Zeugen heimlicher Blickwechsel und versteckter Gesten. Dann wieder kommt der Kamerablick wie zu spät oder trifft nicht den richtigen Bildausschnitt – der so organisierte Zufall wirkt mal folgerichtig, mal verunglückt. Nicht immer kann Moore das Dilemma, eine vertraute Geschichte ohne Klischees, aber stets in den Grenzen des Wahrscheinlichen zu erzählen, wirklich lösen. Trotzdem ergibt sich aus dem Ganzen etwas Atmosphärisches, das in den Bann zieht.

Den Gefühlsverwirrungen im Zentrum der Geschichte bleibt man allerdings merkwürdig indifferent gegenüber. Fast berührender, weil zugleich auch beklemmender, ist der kleine side-plot, der im Grunde nur dem Kontrast dient. Der Priester und seine langjährige Haushälterin – auch das ein Klischee mit Tradition –, die in ihrem Lebensverhältnis und der gemeinsamen Verzichtsleistung wie gefangen scheinen. Die Verlogenheit des Arrangements führt dazu, dass sich die beiden einander ständig beschummeln: Heimlich späht sie auf das Weinettikett, das sie erraten soll, während er im Verborgenen die Margarine mit der ihm verbotenen Butter vertauscht. Gemeinsam am Strand muss er sich erst kurz umschauen, bevor er sich traut, ihr mit zärtlicher Fürsorge die Haare zu frottieren.

Auch der Priester träumt übrigens vom Ausstieg: Sein Seelenparadies ist allerdings Südfrankreich – wegen des guten Essens.

BARBARA SCHWEIZERHOF

„Conamara“. Regie: Eoin Moore. Mit Ellen Ten Damme, Andreas Schmidt, Darragh Kelly u. a. Deutschland 2000, 105 Min.

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