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Protest trifft falsches Ziel

Die meisten Palästinenser-Demonstrationen verliefen friedlich. Doch in Essen griffen Protestler die Alte Synagoge an. Eine „unverantwortliche Tat“, sagt der diplomatische Vertreter Palästinas. Innenministerium warnt vor rechten Trittbrettfahrern

von LUKAS WALLRAFF

Tausende Palästinenser haben am Wochenende in mehreren deutschen Städten gegen das Vorgehen der israelischen Regierung im Palästinakonflikt demonstriert. Während die meisten Kundgebungen friedlich verliefen, eskalierte der Protest am Samstagnachmittag in Essen.

Etwa 250 Teilnehmer einer Demonstration versuchten, die Alte Synagoge zu stürmen. Als sie von der Polizei daran gehindert wurden, bewarfen die Angreifer das Gebäude mit Pflastersteinen und Bodenplatten. Vereinzelt wurde auch mit Schreckschusspistolen geschossen, teilte die Polizei mit. Dabei seien mehr als 30 Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Der Sachschaden beträgt mehr als 100.000 Mark. Ein Polizeibeamter wurde am Kopf verletzt.

Der stellvertretende Generaldelegierte Palästinas in Deutschland, Mahmud Alaeddin, verurteilte den Angriff auf die Essener Synagoge gestern als „unverantwortliche Tat von Leuten, die wir nicht kennen und auf die wir keinen Einfluss haben“. Die zunächst friedliche Demonstration war von einem Deutsch-Libanesischen Freundeskreis angemeldet worden. „Wir haben keine Verbindung zu solchen Kreisen“, sagte Alaeddin der taz. Gewalt gegen jüdische Einrichtungen sei „nicht in unserem Sinne“. Alaeddin äußerte die Sorge, die „berechtigten Proteste“ der Palästinenser könnten durch solche Taten „in eine falsche Ecke gerückt“ werden. Nach seinen Angaben leben 75.000 bis 80.000 Palästinenser in Deutschland. Den meisten von ihnen sei bewusst, „dass die jüdischen Gemeinden in Deutschland mit den Ereignissen in Palästina nichts zu tun haben“. Es gebe jedoch „viele Araber und Moslems“, die jetzt „ihre Gefühle austoben“ würden. „Wir können nur an unsere Landsleute appellieren“, so Alaeddin, „damit so etwas nicht nochmal passiert.“

Zur Zeit des Angriffs auf die Essener Synagoge hielten sich zwei Besucher und sechs Mitarbeiter in dem Gebäude auf, das als Ausstellungs- und Veranstaltungsraum genutzt wird. Sie verriegelten die Türen und flüchteten in einen Kellerraum. Wie ein Sprecher der Essener Polizei mitteilte, waren vor der Synagoge zwei Streifenbeamte postiert, die sich den Angreifern entgegenstellten. Die Ausschreitungen konnten jedoch erst „mit Hilfe von weiteren Unterstützungskräften“ beendet werden. 150 Personen wurden vorübergehend festgenommen.

Fünf Tatverdächtige wurden gestern dem Haftrichter vorgeführt. Gegen sie wird wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs und möglicherweise auch wegen Körperverletzung ermittelt. Unter den Festgenommenen seien „auch Personen mit deutschen Namen“ gewesen, teilte die Essener Polizei mit. Anzeichen für einen rechtsextremen Hintergrund gebe es nicht. Eine Sprecherin von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärte: „Wir verurteilen es, wenn innerstaatliche Auseinandersetzungen hier in Deutschland ausgetragen werden.“ Es müsse „mit aller Härte“ gegen Gewalt vorgegangen und verhindert werden, „dass sich Trittbrettfahrer anschließen“.

In Bonn versammelten sich am Samstag rund 600 Palästinenser, um ihre Unterstützung für die Landsleute in den Autonomiegebieten kundzutun. Hier blieb es ebenso ruhig wie bei Protestkundgebungen in Münster, Lippstadt, Herford und Frankfurt am Main.

Bereits am Freitag hatten rund 3.000 Palästinenser friedlich in Berlin demonstriert.

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