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stahlmännerStadler überrascht beim Ironman auf Hawaii

Dem Mukuku tapfer getrotzt

Nun weiß also auch Udo Bölts (34), wie es sich anfühlt, ein bisschen verrückt zu sein. Bölts ist 3,8 Kilometer geschwommen und hat dafür 1:18 Stunden gebraucht; er ist auf dem Rad 180 km durch die Lavahölle gestrampelt, und hat dafür 4:42 Stunden benötigt; und er ist danach noch einen Marathon gelaufen, den ersten in seinem Leben – in 3:52 Stunden. Dann hat er den Zielstrich auf dem Ali Drive überquert, nach insgesamt nur 10:02 Stunden. Dass der Radspezialist bei seinem ersten Triathlon nicht in den vordersten Rängen würde ankommen können, stand freilich schon vor der 22. Ausgabe des dreiteiligen Martyriums fest.

Norman Stadler aus Pforzheim war am Samstag zum Beispiel schneller. Als 23. ist er den Fluten des Pazifik entstiegen, auf dem Rad hat er Dampf gemacht und sich selbst von den orkanartigen Fallwinden nicht bremsen lassen, die „Mukuku“ heißen und das Big Race schon auf der Radstrecke zum Inferno werden ließen, so sehr, dass manche Athleten vom Bike steigen mussten, weil der Sturm sie zu verblasen drohte. Stadler aber hat ihm getrotzt: Noch vor dem Radwendepunkt in Hawi übernahm er die Spitze, als Erster fuhr er in die Wechselzone in der Keauhou-Bucht ein, als Erster lief er wieder hinaus, über zweieinhalb Minuten vor seinen Verfolgern. Aber er hatte Peter Reid im Nacken.

Der Kanadier galt nach der überraschenden Startabsage des Belgiers Luc van Lierde, dem Vorjahressieger, als einer der großen Favoriten, nun zeigte er, warum dem so war: Fast mühelos sah es aus, wie er auf Stadler auf- und gleich auch vorbeilief; der Marathon war da noch keine 10 km alt und doch schon entschieden wie damit die diesjährige Ausgabe des Hawaii Ironman. Reid zog unbeirrt seiner Wege und nach 8 Stunden, 21 Minuten und 1 Sekunde schließlich auch als umjubelter Erster ins Ziel am Pier von Kona, zum zweiten Mal schon nach 1998 und nach Platz zwei im Vorjahr. Stadler kam dort knapp fünf Minuten später (8:26:45 h) an, als Dritter und somit noch hinter Tim DeBoom (8:23:10 h), aber keineswegs weniger glücklich. „Ich wusste schon immer, dass ich das kann“, kommentierte Stadler selbstbewusst, vor allem das Training mit Jürgen Zäck, selbst Weltklasse-Triathlet, aber in diesem Jahr verletzungsbedingt nicht dabei, scheint Früchte getragen zu tragen.

Bislang zählte Stadler, 1994 Duathlon-Weltmeister, trotz seines Sieges beim Ironman in Australien in diesem Frühjahr eher zur zweiten Garde der deutschen Eisenmänner, auf Hawaii nun würfelte er die Hierarchie mächtig durcheinander: Lothar Leder aus Darmstadt, einst als erster Mensch überhaupt unter der nach wie vor magischen Acht-Stunden-Marke geblieben und auch auf Big Island schon zwei Mal Dritter, verlor schon auf dem Rad über sieben Minuten auf Stadler und somit so ziemlich alle Chancen auf einen Treppchen-Rang, sodass ihm auch die drittbeste Marathonzeit (2:50:27 h) nicht mehr einbrachte als Platz vier (8:28:15 h); Thomas Hellriegel aus Büchenau bei Bruchsal, nach dem Rad noch Zweiter, konnte erneut beim Laufen nicht mit den Allerbesten mithalten, fast drei Stunden benötigte er für den Marathon, was sich schließlich zu insgesamt 8:33:35 h aufaddierte und damit zu Rang fünf.

Vor allem der 29-Jährige Badener, 1997 erster und nach wie vor einziger Hawaii-Champion, wird sich nun ernsthaft Gedanken machen müssen, warum er sein Lieblingsrennen nicht mehr so dominieren kann wie noch vor drei Jahren. Ein Grund könnte sein, dass Hellriegel auch in diesem Jahr schon zwei Ironman-Wettbewerbe in den Beinen hatte – und damit mindestens einen zu viel.

Diese Probleme hatte Natascha Badmann nicht. Die Schweizerin gewann den Frauenwettbewerb nach 9:26:17 h vor der Kanadierin Lori Bowden (9:29:05 h), die sich immerhin über den inoffiziellen Titel des schnellsten Ehepaars freuen konnte: Ihr Mann ist Peter Reid.

FRANK KETTERER

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