piwik no script img

Tatort Nizza: Indizien weisen auf 27 Kommissare

Tagen, vertagen, dann wieder tagen: Der Reformgipfel der EU kommt in Nizza nur mühsam voran. 2004 soll eine neue Konferenz über die Verteilung der Aufgaben in Europa befinden

NIZZA taz ■ Nach vier harten Arbeitstagen war die Konferenz von Nizza nur über eines einig: dass 2004 ein neuer Anlauf für die EU-Reform genommen werden muss. Die deutsche Delegation hatte damit eine ihrer Forderungen durchgesetzt: den Post-Nizza-Prozess schon in Nizza fest zu verabreden.

Auch sonst scheint Vertagen das Leitmotiv dieses mit so vielen Vorschusslorbeeren bedachten Gipfels zu sein. Für die künftige Zahl der Kommissare zeichnet sich eine Einigung ab, die die brenzlige Frage des Rotationsmodus auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt. Wenn 2005 die nächste Kommission gewählt wird, sollen die großen Länder auf einen Kommissar in Brüssel verzichten. Jedem beitretenden Land wird danach garantiert, mit einem Kommissar vertreten zu sein. Wenn die Union 12 neue Mitglieder aufgenommen hat und die Kommission dadurch auf 27 Mitglieder angewachsen ist, kann sie verkleinert werden. Vorgesehen ist, den endgültigen Modus erst dann festzulegen.

Die Rolle des Kommissionspräsidenten wird gestärkt. Er legt die Grundzüge der Kommissionspolitik fest und teilt den Kommissaren ihre Aufgabenbereiche zu. Über die Stimmengewichtung im Rat und die Sitzverteilung im Europaparlament wurde den ganzen Sonntag verbissen gefeilscht. Deutschland hat offensichtlich akzeptiert, trotz 25 Prozent mehr Bevölkerung gleich viele Stimmen im Rat zu bekommen wie Frankreich, Italien und Großbritannien.

Als Kompensation werden Deutschland 99 Parlamentssitze angeboten. Die drei anderen Länder bekämen nur 74. Nach der Erweiterung hätte das Europaparlament 738 Sitze, 38 mehr als ursprünglich vereinbart.

Die Staats- und Regierungschefs unterbrachen gestern Mittag ihre Verhandlungen, denn Belgien und Portugal kündigten an, die in dem Vertragsentwurf vorgesehene Stimmengewichtung kategorisch abzulehnen. Am Abend wurden die Beratungen erneut aufgenommen. Sie sollten nach Informationen aus Delegationskreisen noch zum Abschluss gebracht werden. dps

brennpunkt SEITE 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen