: Juristenkritik an Großknast-Plänen
■ „Schädliche Folgen“ sind für Gefangene absehbar / Bremer Rechtsberater warnen
Die Konzentration im Bremer Vollzug in einer Großanstalt werde schädliche Folgen für einen Großteil der Gefangenen haben, warnt der Bremer Rechtsprofessor Johannes Feest. Er vertritt den Verein für Rechtshilfe im Justizvollzug, der Gefangene seit 20 Jahren berät, zuletzt im Behördenauftrag.
Nach den bisherigen Plänen für eine Großanstalt ist laut Feest zu befürchten, dass die Unterbringung der wenigen schwierigen Gefangenen den Sicherheitsstandard für alle übrigen bestimmen werde. Dies verstoße gegen geltendes Strafvollzugsgesetz, wonach „schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs“ entgegenzuwirken sei. Der Verein fordert die Verantwortlichen deshalb dazu auf, eine Denkpause einzulegen und eine Überprüfung durch Sachkenner vornehmen zu lassen.
Nach Ansicht der Juristen des Vereins verstoßen weite Teile der bislang bekannt gewordenen Vorschläge der Unternehmensberaterfirma Roland Berger für einen 700-Personen-Großknast gegen Rechtsnormen. Das Strafvollzugsgesetz sehe vor, dass Jugendstrafen auch in Jugendstrafanstalten vollzogen würden. Auch seien Untersuchungsgefangene „von Strafgefangenen, soweit möglich, getrennt zu halten“. Gleiches gelte für weibliche Inhaftierte, die in besonderen Frauenanstalten unterzubringen seien.
Was insbesondere den Jugend- und den Frauenknast betreffe, habe die mangelnde, nur „gerüchteweise“ Informationspolitik des Justizressorts zu einer erheblichen Verunsicherung innerhalb der Belegschaft sowie bei Gefangenen und deren Angehörigen geführt, kritisieren die RechtsberaterInnen. So seien Parolen wie „Blockland wird platt gemacht“ und ebenso „alle Frauen nach Vechta“ im Umlauf.
Was den offiziell bevorzugten Neubau auf dem flachen Lande betreffe, so werde damit „der rechtliche Schutz der Gefangenen weiter reduziert“. Zu befrüchten sei, dass die gerichtsnah beschäftigten Anwälte ihre Mandanten noch seltener besuchten, als heute schon. Außerdem heiße es im Gesetz: „Der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt ist zu fördern.“ Bei einer Wegverlegung der Frauen oder einem Bau auf der grünen Wiese wären in Zukunft sowohl der Besuchsverkehr als auch jegliche Lockerung des Vollzuges wie Ausgang, Urlaub und Berufsfreigang nur mit einem Privatauto oder dem Taxi möglich.
ede
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