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strafplanet erde: mark und pfennig, bolan und bohlen

von DIETRICH ZUR NEDDEN

Genug. Länger warte ich nicht auf den Essay, der den verborgenen Beziehungen zwischen Marc Bolan und Dieter Bohlen nachforscht. Schreib ich ihn halt selbst. Übrigens nicht der Gleichklang der Nachnamen leitete mich, sondern meine Gedanken lustwandelten ursprünglich in eine Richtung, die fern von Musik lag – wenn man das, was D. Bohlen macht, überhaupt Musik nennen kann.

Morgens im Bett, so Viertel nach sieben, sann ich nach, wer sich wohl demnächst nicht entblödet, sich zum Abschied von der deutschen Mark zu äußern. Da fiel mir pfeilgrad Marc Bolan ein, den man der jüngeren Generation wahrscheinlich näher beschreiben muss. Marc Bolan war ein bedeutender Sänger, Gitarrist und Komponist, seine Band T. Rex nicht minder wichtig, nicht nur wegen „Children of the Revolution“. Weil Marc Bolan 1977 bei einem Autounfall gestorben ist, war neulich ein T.-Rex-Song dabei, als das „Bei Chez Heinz“, der hiesige Veranstaltungskeller allseitigen Vertrauens, ein viertägiges Festival unter dem Namen „Heinz after Death“ veranstaltete. Dutzende von Bands coverten Stücke von Dutzenden von Bands, bei denen zumindest ein Mitglied auf „unnatürliche Weise“ ums Leben gekommen ist. Ich aber erfuhr aus anderer Quelle, dass Marc Bolan mit bürgerlichem Namen Mark Feld hieß. Das wiederum reimt sich auf Geld, womit wir wieder bei der deutschen Mark wären und bei ihrer Verabschiedung.

Als Miniaturenmaler bin ich aber viel eher am Pfennig interessiert. Für den ist auch Schluss. Nix mehr mit „Wer den Pfennig nicht ehrt ...“ oder „Dem fehlt auch ’n Pfennig zu ’ner Mark“ und ähnlichen Redensarten, die bald endgültig Old School sind. Die nächste Generation wüsste gar nicht mehr, wovon man redet.

Ich fand auf meinem Schreibtisch vor einigen Wochen eine datierte Pfandgutschrift vom Supermarkt über 30 Pfennig. Sie war zwei Jahre alt, und ich hatte sie noch immer nicht eingelöst. Jetzt schmiss ich sie weg, um mich nicht des Geizes zeihen zu müssen. Steht doch der Geiz, gelegentlich auch mit Habgier übersetzt, wie Faulheit und Stolz im Todsündenkatalog. Geizige Kaufleute sind fade und lästig, eine Zumutung wie der dauernd sehr vornehm tuende Deli-Schlachter in der Nachbarschaft, auf den ich in diesem Zusammenhang zu sprechen kommen muss. Im Schaufenster hat er leere Plastikschachteln gestapelt. Vermutlich werden ihm darin irgendwelche Zutaten oder Salate geliefert. Und was macht der Mann als Pfennigfuchser? Er will sie seinen Kunden verkaufen, 50 Pfennig das Stück. Ist so eine Krämerseele nicht erbärmlich? Sobald ich sein Arrangement bemerkte, war ich verstimmt, mein Entschluss stand fest, vorbereitet zudem durch eine Verkäuferin, die einige Wochen vorher bei einer Summe von 28 Mark und 2 Pfennig trotz Kupfergeldmangels meiner- und ihrerseits auf den 2 Pfennig bestanden hatte: Nie mehr, beschloss ich, betrittst du diesen Laden. So wird der Fleischer nie das Ergebnis meiner Recherchen zu Marc Bolan und Dieter Bohlen erfahren: Sie haben nichts, aber auch gar nichts, miteinander gemein.

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