american pie: Zum Aus der Football-Liga XFL
Die Gescheiterten scheitern
But not a word was spoken
Der Zirkus war nur drei Monate in der Stadt. Ende letzter Woche musste Wrestling-Impresario Vince McMahon das Ende seiner Football-Liga XFL verkünden. Anstatt, wie angekündigt, zur ernsthaften Konkurrenz für den Branchenprimus NFL zu werden, glänzte die XFL mit schlechtem Football, aufdringlichen Moderatoren, knapp bekleideten Cheerleadern und unterirdischen Einschaltquoten.
Das Debüt der in nur einem Jahr aus dem Boden gestampften neuen Liga hatte im Februar noch eine Einschaltquote von knapp unter zehn Prozent, weit mehr als erwartet. Von da an ging es bergab. Das Endspiel im April sahen nur mehr knapp über 2 Millionen Zuschauer, die schlechteste Einschaltquote aller Sendungen der vier großen Fernsehsender in dieser Woche. Eine Übertragung aus der Saison immerhin wurde eine historische: Als Sendung mit der miesesten Prime-Time-Quote in der Geschichte von NBC. Da war bereits klar, dass der Medienriese, der die XFL zusammen mit McMahons WWF betrieb, aus dem Vertrag aussteigen würde. Die Ex-Partner WWF und NBC teilen sich nun Verluste von 70 Millionen Dollar.
Das Problem der XFL war, dass sie nie eine Balance fand aus den vom Wrestling übernommenen Show-Elementen und der Absicht, ernsthaften Football anzubieten. Außerdem war das gebotene Produkt einfach zu schlecht: Weltklasse waren bestenfalls die Cheerleaders, die Spieler waren allesamt zuvor in der NFL gescheitert. McMahon hatte erst gar nicht versucht, wie andere Konkurrenzligen das früher getan hatten, Stars aus der NFL abzuwerben. Dazu fehlte das Geld: Das Konzept der XFL sah vielmehr vor, dass schlecht bezahlte, bislang verkannte Spieler mit hartem, ehrlichem Football eine Alternative zu den verhätschelten Jungmillionären aus der NFL bieten sollten. Dummerweise konterkarierten die vom Wrestling übernommenen, kreischenden Moderatoren und die auf verklemmten Sex angelegte Inszenierung diesen Anspruch. Als die Quoten in den Keller gingen, begann McMahon auch noch mitten in der Saison immer wieder mit Spielregeln und TV-Präsentation zu experimentieren. Das Beispiel XFL zeigt wieder einmal, dass es heutzutage nahezu unmöglich ist, eine neue Profi-Liga ohne die Rückendeckung einer bereits florierenden zu etablieren. Zuletzt war vor drei Jahren die Frauen-Basketball-Liga ABL wieder eingegangen, während die von der NBA lancierte Konkurrenz WNBA überlebte. Auch der bislang letzte Versuch einer neuen Football-Liga, die USFL, scheiterte 1986 nach nur drei Jahren.
Hinter der XFL stand auch die Idee von NBC, die explodierenden Kosten für Sportrechte einzuschränken, indem sich der TV-Sender, der 1997 die Übertragungsrechte an der NFL verloren hatte, direkt an einer Liga beteiligt. Das ist vorerst misslungen. NBC-Sportchef Dick Ebersol aber gab sich Mühe, das Ende der XFL mit dem einer Fernsehserie gleichzusetzen, die wegen schlechter Einschaltquoten abgesetzt wird. „Es hat halt nicht funktioniert“, kommentierte er achselzuckend. Nur: Während Schauspieler nach einem neuen Engagement suchen können, werden die Spieler sich wieder nach normalen Jobs umsehen müssen. Einige immerhin haben die Chance XFL nutzen können: Mehr als 20 sollen bereits Verträge mit NFL-Teams unterschrieben haben. So gibt es also nur einen großen Gewinner: Die NFL. Die reichste Profi-Liga der Welt ist nun wieder konkurrenzlos und bekommt auch noch neues, billiges Spielermaterial. THOMAS WINKLER
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