Fronleichnam-Frei: Feiertags-Neid
■ Die Katholiken haben es besser
Schon ab Münster sieht die Welt besser aus. Freier. Zwar sind die Leute jenseits von Niedersachsen in aller Regel katholisch und wählen schwarz. Aber dafür schenkt man ihnen mehr Feiertage. Gestern zum Beispiel, da dachten die Katholen an Fronleichnam, läuteten ihre Glocken und der Rest machte sich einfach einen schönen Tag.
Mein Freund, zum Beispiel, hat das gar nicht verdient. Er ist Niedersachse, demgemäß evangelisch, und wäre er zu Haus in Braunschweig geblieben, hätte er Fronleichnam nie vermisst. Schon gar nicht nach seinem ersten Kontakt mit katholischen Feiertags-Ritualen. Das war noch in der ostwestfälischen Provinz und ging gründlich daneben: eine Prozession dunkel-gekleideter, Schlepplieder singender Menschen bewegte sich aufs Haus zu. Carsten floh. Aus Angst, sie wollten ihn holen – ihn, den einzigen Fremden, den Evangelen, an dessen Autokennzeichen man gleich erkannte, dass er dort nicht hingehörte.
Ursprünglich wollte er danach aus der Kirche austreten. Das ist lange her, inzwischen würde er fast konvertieren. Dank geschickter katholischer Feiertagspolitik, die ihm in NRW zu Fronleichnam und Allerheiligen freie Tage bescherten.
Exil-Westfalen katholischen Ursprungs wie ich genießen in der Diaspora dagegen keinen Feiertag. Und das nur weil irgendwelche hanseatischen Pfeffersäcke einst ihren Reichtum mehren wollten, statt ihre Zeit auch unter der Woche in Kirchenbänken tot zu schlagen. Im gesamten bundesdeutschen Grundgesetz fehlt tatsächlich sowas wie Feiertagsgerechtigkeit. Kein Paragraph, der Erbansprüche auf bestimmte Feiertage regelt, auf die man jahrzehntelang sozialisiert war.
Mein Freund ist inzwischen aus purer Taktik ins Rheinland verzogen. Da sind die Menschen nicht nur katholisch und wählen CDU, sondern feiern auch noch Karneval. Rosenmontag und Weiberfastnacht hat er jetzt auch frei.
pipe
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