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Wie ein Fisch im Wasser ...

... können sich Hamburger in Elbe und Alster nur bedingt fühlen. EU-Standards sind noch nicht erreicht, und die verbesserte Wasserqualität bereitet Fischen Probleme  ■ Von David Böcking

Es sind schöne Versprechungen: Wie einst „die Älteren“ könnten bald wieder Kinder in Alster und Elbe baden, verkündet zur Zeit ein SPD-Wahlkampfslogan. Und auch die Stadtentwässerung („Das Ziel ist klar“) bebildert Hamburg seit längerem mit Plakaten, auf denen glückliche Menschen in die Binnenalster und glückliche Fische durch die Speicherstadt hüpfen. Kann man denn schon? Oder bald? Und sollte man?

Zunächst einmal: Man darf. Denn das Baden in Elbe und Alster ist in Hamburg grundsätzlich „erlaubnisfrei“, wie Ina Heidemann von der Umweltbehörde erklärt. Man sollte aber nicht unbedingt, vor allem nach Meinung der Bademeister in Brüssel. Die Anforderungen ihrer „EU-Badegewässer-Richtlinie“ erfüllt die Elbe nämlich nicht, auch wenn sie sich seit einigen Jahren verstärkt Mühe gibt. Immerhin hat sich der Fluss nach einem Bericht der Umweltbehörde zwischen 1994 und 1998 von der deutschen Güteklasse III überwiegend zur Güteklasse II verbessert. Das heißt, das Wasser ist „mäßig belastet“. In bestimmten Abschnitten liegt die bakterielle und chemische Belastung zeitweilig schon unter den EU-Grenzwerten – wenn nicht gerade wegen Regens die Siele über- und damit „fäkalkoliforme“ Unappetitlichkeiten in die Elbe einlaufen. Ein größeres Hindernis als die Belastung sind aber andere Faktoren, vor allem die geforderte Sichttiefe von mindestens einem Meter, um die Entdeckung Ertrinkender zu erleichtern. So klares Wasser ist selbst bei einer niedrigen Belastung durch die natürliche Trübung kaum zu erreichen. Hinzu kommen noch die starken Strömungen durch Schiffe, die die Elbe besonders für Kinder gefährlich machen.

Etwas sicherer ist die Alster, die außerdem von der Stadtgrenze bis zur Fuhlsbütteler Schleuse durchgängig die Güteklasse II erreicht. Diese Verbesserung führt die Umweltbehörde auf das vor knapp zehn Jahren gestartete Alster-Entlas-tungsprogramm zurück. Neben dem Bau von Regenrückhaltebecken und Sielerweiterungen sorgte der Senat dafür, dass keine privaten Abwässer mehr eingeleitet werden. Auf der Hamburg-Homepage wird das so zusammengefasst: „Schuld war der Hausabwässer-Dreck, doch heute ist der Dreck fast weg, derweil ein weiser hoher Rat Millionen investieret hat.“

Nicht ganz so lyrisch äußert sich Herbert Nix von der Initiative „Rettet die Elbe“ zu den Maßnahmen des „weisen hohen Rats“. Den Badespaß habe seit 1982 noch jeder Bürgermeister und Umweltsenator versprochen, ebenso schnell seien die Versprechen wieder vergessen worden. Auch Harald Rätzer von der DLRG Hamburg hält die Ankündigung eher für eine „Sommerente“, wenn auch, im Gegensatz zur Alster, in der Elbe wieder mehr gebadet werde.

Deren Wasserqualität hat sich jedoch nach Meinung von Nix nur „marginal“ verbessert, was wiederum vor allem auf die Schließung ostdeutscher Chemiewerke entlang des Stroms zurückzuführen sei. Auch wenn in Zukunft wieder mehr Hamburger in den Fluß springen werden, ist dies für Nix kein Zeichen einer Verbesserung des Ökosystems Elbe. Zum einen würde den Fischen mit der Zuschüttung des Mühlenberger Loches eine „Kinderstube“ geraubt. Außerdem drohe ihnen gerade zur Sommerzeit wieder der Tod durch sogenannte Sauerstofflöcher in der Fahrrinne. Für den Sauerstoffmangel sind neben der Fahrrinnenvertiefung Algen verantwortlich, deren Wachstum früher stark durch Gifte eingeschränkt war. Deshalb ist für diese Löcher „paradoxerweise auch die verbesserte Wasserqualität der Elbe mitverantwortlich“, wie es im Bericht der Umwelbehörde heißt.

Doch das fischige Dilemma trübt nicht unbedingt menschlichen Badespaß. Meint zumindest Roberto Epple. Er ist der Leiter der Aktion „Lebendige Elbe“, die vor vier Jahren gegründet wurde. Wenn Epple ruft, dann springen die Elbfans, und zwar nicht nur in Hamburg, sondern entlang des gesamten Stroms. Schon bei mehreren Badefesten schwammen Anhänger der von Gruner + Jahr und der Deutschen Umwelthilfe gesponserten Initiative in Halle, Dessau und Dresden ihre symbolischen Runden. Demnächst haben sie richtig Großes vor: Am 14. Juli 2002 um Punkt 14 Uhr sollen sich „von den Quellen bis zur Mündung“ mindestens 10.000 Menschen in die Fluten stürzen, unter anderem auch in Hamburg. Und Epple geht schon heute davon aus, dass an den fünf tschechischen und 15 deutschen Badestellen wesentlich mehr Schwimmer bereitstehen werden.

Der Flussexperte räumt zwar ein, dass die durch das Massenplanschen zu feiernde „Versöhnung mit der dann endgültig sauberen Elbe“ eher symbolisch gemeint sei. Die EU-Standards hält der Aktivist aber auch für „ziemlich hochgeschraubt“. Er glaubt, dass die Menschen zunächst einmal wieder „Freundschaft schließen“ müssten mit einem Gewässer, das lange Zeit eine stinkende Brühe war und zum Teil auch die Grenze darstellte. Nur bei einem persönlichen Interesse setzten sich die Bürger auch für die Sauberkeit der Elbe ein, beschreibt Epple die Philosophie der Aktion, die viele lokale Projekte zur Hebung der Wasserqualität unterstützt. Als Motivation werden anderen Elbanrainern gerne Fotos aus Hamburg gezeigt, da hier die Badetradition, wie sie im 19. Jahrhundert noch in schicken Anstalten gepflegt wurde, „nie ganz verloren gegangen“ sei.

Zur besseren Verbreitung seiner Botschaft hat der gebürtige Schweizer Eppler den „Elbschwur“ geschaffen. Mit dem „andächtig“ und „vorzugsweise am Ufer der Elbe“ zu leistenden Gelöbnis verpflichtet sich der Schwörende zur Teilnahme am Elbschwimmtag und dazu, den Fluss unter Nutzung „möglichst regionaler Dienstleistungen und Angebote“ ausgiebig zu bereisen. Außerdem macht der Elbfan „auch nicht halt davor, schon bald lokale Fische und anderes Getier, oder einst gar den Elblachs genüsslich zu verzehren“. Und sollte gar „einer der Elbstörche versuchen, jemanden ins Bein zu beißen“, wird er, „wenn überhaupt, nur schonend eingreifen“.

Fazit: Wer heute in Elbe und Als-ter badet, kann das mit besserem Gewissen als noch vor ein paar Jahren tun. Die Gewässerqualiät ist gestiegen, auch wenn es nach wie vor ökologische Probleme gibt. Die Vorstellung vom Bad in lupenreinem Elb- oder Alsterwasser ist allerdings schon lange ein reines Wunschbild: Werner Wilsdorf zum Beispiel gehört zu den von der SPD in ihrem Slogan zitierten Älteren. Der 62-Jährige erinnert sich gerne an Badeausflüge nach Wittenberge und zum Schweinesand in der frühen Nachkriegszeit. Aber sauber, so Wilsdorf, sei das Wasser schon damals „überhaupt nicht“ gewesen.

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