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Die neuen digitalen Formate

Heute startet das vierte BerlinBETA-Filmfestival. Im Huckepack hat es den gleichnamigen Neuen-Medien-Kongress. Schon jetzt verdienstvoll ist der hier verliehene „Digital Fiction Award“. Damit ist es eines der wenigen klassischen Festivals, das die wachsenden Bedeutung der DVD-Kamera wahrnimmt

von ANDREAS BUSCHE

Auf Independent-Filmfestivals wie dem in Oldenburg, dem Exground oder BerlinBETA drehen sich die Uhren etwas langsamer als auf der Berlinale oder in Venedig. Der Tagesablauf ist ganz ähnlich, aber das Gefühl des Getriebenwerdens und Schaffenmüssens ist weniger intensiv und ermattend. Der Flow von Film zu Film verläuft mit schöner Gleichmäßigkeit, weil zwischen den Spielstätten – ohne die Einrichtung eines Festivalzentrums – einen immer wieder der Alltag in Empfang nimmt, der das gerade Gesehene mit der Wirklichkeit abgleicht. Zum Beispiel wenn man das Eiszeit-Kino verlässt und sich plötzlich mittenmang im Kreuzberger Leben wiederfindet.

Die Hermetik eines A-Festivals ist eher bedrückend – wohl auch ein Grund, warum es so viele schlecht gelaunte Menschen unter den Filmschreibern gibt. Wer sich das Leben dagegen auf einem C-Festival schwer macht, hat selber Schuld.

Heute startet das vierte BerlinBETA-Filmfestival – wieder im Huckepack mit dem gleichnamigen Neue-Medien-Kongress. Im Gegensatz zum Kongress muss sich das Festival aber auch in diesem Jahr keine Sorgen um ein zeitgemäßes Image machen. Kino ist eine selbstregenerative Branche, das Wort von der Krise wird zuweilen zwar lauter, aber zwar der nächste hoffnungsvolle Film kommt bestimmt. Das gilt besonders im Independent-Bereich, weil es hier zwischen koreanischem Kino und amerikanischen Low-Budget/Video-Produktionen natürlicherweise so unglaublich viel zu entdecken gibt.

Die Sektionen „Independent Images“, „XYouth“, „Asian Cinema“ und das „Music Department“ haben sich inzwischen als Säulen des Festivals etabliert. Das Schöne gerade an BerlinBeta war in den letzten Jahren, dass die Dichte an sehenswerten Filmen höher war, als man es inzwischen von der Berlinale gewohnt ist. Mit „Boots“ einer kleinen, düsteren Studie über Rechtsradikalismus, meldet sich zum Beispiel Ulli Lommel nach Jahren der Funkstille aus Amerika zurück. Edo Bertoglios „Downtown 81“ ist ein Fragmentfilm mit nie zuvor gezeigten Bildern aus dem Alltag des 28-jährigen Jean-Michel Basquiat. Auch die bereits Berlinale-erprobte Houellebecq-Verfilmung „Ausweitung der Kampfzone“ wird noch ein letztes Mal angeboten, bevor der Film voraussichtlich endgültig im Nirwana der jüngeren Filmgeschichte verschwindet.

BerlinBETA versteht sich nicht zuletzt aber als Kompendium der besten Festivalfilme der letzten Jahre. Asia Argentos megalomaner „Scarlet Diva“, Darren Aronofskys „Requiem for a Dream“, Mike Figgis „Time Code“, der Pusher/Poetry-Film „Slam“ mit Saul Williams, das amerikanische Roadmovie „Dreamcatcher“ und Christopher Nolans hoch gelobtes Debüt „Following“ gehören zu den Filmen, die nach langer Wartezeit endlich auch in Berlin zu sehen sind.

Der andere interessante Themenschwerpunkt ist in diesem Jahr das Filmland Korea: der in Venedig schwer diskutierte „The Isle“, der Film Noir „Kilimanjaro“ und die hysterische Tierhasser-Satire „Barking Dogs never bite“ zeigen Korea auf dem Vormarsch und filmisch längst auf einer Höhe mit dem Kino aus Hongkong und Japan.

Dem Vormarsch des digitalen Films zollt der „Digital Fiction Award“ Tribut. Die wachsende Bedeutung der DV-Kamera im Kino und die Möglichkeiten dieser neuen Filmästhetik widmet sich BerlinBETA intensivst. Damit ist es eines der wenigen klassischen Festivals, das sich ernsthaft mit den neuen digitalen Formaten auseinandersetzt. Mit seinem Programm aus 23 Filmen verschafft es einen guten Überblick, auch zur Frage, inwiefern und ob sich die Kinolandschaft durch die DVD verändern wird. Takashi Miikes nächster Film „Visitor Q“, der am 6. September regulär startet, wird in Deutschland als erster Film überhaupt ausschließlich in Digitalkopien in die Kinos gebracht.

Eröffnet wird das BerlinBETA-Festival heute Abend mit dem deutschen Teenagerfilm „Nichts bereuen“, dem Debüt des Jungregisseurs Benjamin Quabeck. Der Titel hat durchaus etwas Programmatisches.

„Nichts bereuen“ läuft heute Abend ab 20 Uhr, Hackesche Höfe 1, Rosenthaler Straße 39, Mitte

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