piwik no script img

standbildUnd geschmeckt hat’s auch nicht

„Blind Dinner“ (Mo., 21.25 Uhr, Sat.1)

„Ich möchte jetzt für mich die Spannung lösen“, sagt Jürgen von der Lippe irgendwo ganz am Anfang und sieht dabei schon so ungespannt aus, als hätte er’s geahnt. Und dann kommen die drei ihm vorher unbekannten Gäste, mit denen Gastgeber Lippe speisen wird: Ex-Pornosternchen Gina Wild („die waren alle echt“), Thomas Koschwitz (kostenneutral aus derselben Senderfamilie) und Thomas D. von den Fantastischen Vier, der später grundlos Haare lässt.

Gegessen wird auch tatsächlich irgendwann bei diesem „Blind Dinner“ (was, ist völlig unwichtig, kann aber bei Sat.1 im Faxabruf faxabgerufen werden). Gegessen und gespielt, und alle sind so richtig schön gekünstelt aufgedreht – sollte auch mal der Hauch eines echten Gespräches durch Lippes kugelige Hütte wehen, kommt natürlich der Schnitt.

Mittendrin sitzt Jürgen von der Lippe und scheint zu ahnen, dass das ziemlich in die Hose geht. „Von der Atmosphäre her ist es genau das, was ich mir vorgestellt habe“, hatte er noch tapfer der Berliner Zeitung erzählt und von Gästen geschwärmt, die glatt vergessen hätten, dass sie im Fernsehen sind.

Doch die Anleihen an „Zimmer frei“ sind so erkennbar wie plump: Wo beim WDR Spielchen, Fresschen und Talk liebevoll auf den Gast zugeschnitten sind, räkelt sich Gina Wild auf einem Pianoforte, das stets „Für Elise“ spielt, egal wohin man guckt.

Über das Prädikat „mäßig lustig“ kommt auch von der Lippe selbst nicht hinaus, obwohl hier und da das aus „Wat is?“-Tagen bekannte „Selbst Spaß haben und andere mitreißen“-Phänomen aufblitzt – bis zum nächsten Schnitt. Ihm fehlt klar die Zeit zur Gesprächsentfaltung, während Polittalker Koschwitz durchdröhnt und den eigentlichen Moderator macht. Der Gastgeber stach die Runde zwar um Längen aus an Intellekt und Esprit. Es nützte nur nix, weil er erst gar nicht zum Zuge kam.

Man hatte vielmehr das Gefühl, bei Tag 55 der nie gesendeten „Big Brother“-Promi-Variante versehentlich in den Container geschaltet zu haben. Hatte nicht „Blind Dinner“-Produzent Axel Beyer irgendwann mal was mit Endemol zu tun ... STG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen