strafplanet erde: hollywood-szenario von DIETRICH ZUR NEDDEN:
Stallone polterte herein und sofort sahen alle, dass er seinen Auftritt vermasselt hatte. Er musste etwas falsch verstanden haben, denn statt als Rambo hatte er sich als Rocky verkleidet. „Dieser Idiot“, raunte Tarantino seinem Tischnachbarn Coppola zu, während Stallone tölpelnd versuchte, mit den 12-Unzen-Handschuhen die Tür zu schließen.
Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Brigadegeneral Kenneth Bergquist, eröffnete die Sitzung und stellte als Überraschungsgast einen gewissen Marv Newland vor, den die wenigsten kannten, und das nur als Kaffeebesorger von „Deadly Deposits“. Bergquist klärte die Versammlung auf: „Marv hat 1969 den zweiminütigen Trickfilm ‚Bambi meets Godzilla‘ gemacht. Das reicht doch wohl als Referenz, oder?“
Bergquist war gleichzeitig Hausherr des Institute for Creative Technology, das vor zwei Jahren gegründet und von der Army finanziert wurde. „Was habt ihr so in der Pipeline, Jungs?“, fragte er betont locker, um von Anfang an eine kreative Atmosphäre zu schaffen. Alles wollte er wissen. Denn wenn die Angriffe auf das WTC und das Pentagon schon verdammt echt gewesen waren, so hatten sie im Fernsehen doch wie Kino ausgesehen. Deshalb wollten die Militärs nun den umgekehrten Weg gehen. Jetzt war es an Hollywood, Tipps zu geben, was die Terroristen als Nächstes vorhaben könnten.
Bevor aber Steven E. De Souza, Drehbuchautor von „Die Hard“, und Joseph Zito, Regisseur von „Missing in Action“ und „Delta Force One“, ihre vorbereiteten Statements verlesen konnten, machte Stallone noch einen hilflosen Versuch, sein peinliches Kostüm zu rechtfertigen. Er würde sofort mit Bin Laden über 15 Runden gehen, schlug er vor. Setzte sich aber sofort wieder, als sämtliche Anwesende die Hände vors Gesicht schlugen.
Spielberg flüsterte Eastwood zu, warum denn Frank Oz nicht eingeladen sei. Der habe schließlich nicht nur „Muppets take Manhattan“ gedreht, sondern auch den „kleinen Horror-Laden“. Missbilligend blickte Eastwood zurück. „War nur ’n Scherz“, versicherte Spielberg.
Indessen war die Diskussion „entbrannt“, wie Beteiligte nachher etwas unglücklich formulierten, mitten hinein aber „platzten“ die ersten Meldungen von den Milzbrand-Attentaten, so dass Brigadegeneral Bergquist umgehend nach Abel Ferarra schicken ließ, der als letzter den „Body Snatchers“-Plot verfilmt hatte. In diesem Zusammenhang kam aber auch Roland Emmerich („Godzilla“) endlich zum Zuge, der erzählte, dass er Koproduzent von „Arac Attack“ sei: „A variety of horrible poisonous spiders get exposed to a noxious chemical . . .“, begann Emmerich den Inhalt zu erzählen, aber niemand hörte ihm richtig zu.
Auch wir blenden uns an dieser Stelle aus. Wahr an der Geschichte ist, wenn man dem Branchenblatt Variety glauben darf, dass Bergquist und andere Vertreter der US Army sich zweimal mit einschlägig bekannten Autoren und Regisseuren aus Hollywood ausgetauscht haben, um „terroristische Szenarios“ zu erbitten. Man traf sich allerdings via Telekonferenz. Schnitt.
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