standbild: „Wo ist der Werkzeugkasten hin?“
„Dieter stellt sich vor“
(Di., 13.25 Uhr, 3sat)
Der 65-jährige Dieter Dost ist Kleindarsteller. Manchmal spielt er im „Tatort“ mit, die ganz kleinen Rollen: Taxifahrer, Pförtner, Polizeibeamte. Wenn er überhaupt Text zu sprechen hat, dann meist nur kurze Sätze, wie „Wo ist der Werkzeugkasten hin?“.
Schön ist Dieter Dosts Fernsehshow für junge Talente, die er seit Ende der 80er-Jahre im Offenen Kanal Berlin sendet und mit der er es einmal auch zu Stefan Raab geschafft hat. Das Arrangement von „Didos Musikshow“ ist sparsam, weil zu wenig Geld da ist: ein beigefarbener Vorhang plus Mikrofonständer. Dauernd schwebt die Möglichkeit des Scheiterns über der Sendung. Dieter Dost verspricht sich bei seinen Ansagen, ein Techniker läuft durchs Bild, ein Gast hat seine Instrumente vergessen, weil er am Abend davor zu viel getrunken hat . . .
Dieter Dost ist ein Mensch, der klein bleibt im Leben, obwohl er sich ständig Mühe gibt, eine Bedeutsamkeit in der Welt zu erlangen.
Der Film „Dieter stellt sich vor“ von Heiner Mühlenbrock und Markus Schneider hat diese Anstrengungen dokumentiert, die Kamera begleitet ihn beim Geburtstagfeiern, bei der Aufzeichnung seiner Sendung im Studio, beim Ausruhen im unaufgeräumten Wohnzimmer: ein realistisches Portrait eines alternden Mannes in Berlin. Es zeigt die Normalität von Versagen im Alltag, die traurigen Versprechen des Fernsehwelt, die kamikazehaften Produktionsbedingungen im Offenen Kanal, ohne dass dabei etwas von Dieter Dosts nervöser Scherzhaftigkeit verloren geht.
Der Protagonist darf für sich selbst sprechen, auf einen Kommentar haben die Filmemacher verzichtet. Seine Mutter habe immer gesagt, „Du landest in der Gosse“, erzählt Dost an einer Stelle. Die Verwandten, die ihn für einen „prima Jungen“ hielten – da durfte er als Kind nicht hin. Inzwischen treten hübsche Polinnen in rosa Miniröcken in seiner Sendung auf.
Dieter Dost ist stolz auf das Erreichte. Am Ende wischt er mit einem Papierhandtuch unterm Schuh eine Pfütze im Studio des Offenen Kanals auf. Eine Mädchenstimme ruft aus dem Off: „Tschüss, Dido!“
KIRSTEN KÜPPERS
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