: Parken nach Zahlen
In Mitte wird das Parken jetzt teuer. Wer in der Spandauer Vorstadt sein Auto abstellen will, wird zur Kasse gebeten – und das jeweils bis Mitternacht. Denn auch die zahlreichen Kneipenbesucher sollen von der Anreise per Pkw abgeschreckt werden
von MARIJA LATKOVIC und SANDRA PAULI
„Wie, hier gibt’s Parkautomaten? Nee, nee, ich steh hier immer und zahl nie was. Ist ja auch viel zu umständlich. Obwohl, vielleicht klemm ich einfach ’n Hunni unter den Scheibenwischer, das passt dann schon“, witzelt Oliver augenzwinkernd, schließt ab und verschwindet im Laden. Noch hat er gut lachen, denn die dreißig Politessen, die in der neuen Parkraumbewirtschaftungzone 29 den Falschparkern seit Montag in Mitte das Leben schwer machen sollen, waren gestern erst einmal auf Erkundungstour.
Dauerparker, Geschäftskunden, Lieferanten und Anwohner kämpften in dem Kneipenviertel am Hackeschen Markt bislang um die wenigen vorhandenen Parkplätze. „5.000 Stellplätze sind in diesem Bereich einfach zu wenig“, sagt Siegfried Dittrich, Mitarbeiter im Straßen- und Grünflächenbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. In der Spandauer Vorstadt gilt deshalb seit gestern die Parkraumbewirtschaftung, die erstmals 1995 in Berlin eingeführt wurde. Und anders als sonst in der Stadt müssen Autoparker hier bis 24 Uhr zahlen, damit auch nachts, wenn die Kneipen voll sind, genügend Parkraum für Anwohner frei bleibt. Betroffen von der neuen Regelung ist das Gebiet zwischen Hackeschem Markt, Friedrichstraße, Torstraße und Karl-Liebknecht-Straße. Hier sollen fortan 30 Politessen sowie 150 zusätzliche Parkscheinautomaten das Parkplatzproblem lösen.
Ganz reibungslos läuft die Umstellung noch nicht. „Die Politessen sind alle frisch eingestellt“, klagt Egon Joachim Kellotat, Kontaktbereichsbeamter der Polizeidirektion 3: „Keine von ihnen kennt sich im Bezirk Mitte aus.“ Mit dem Stadtplan in der Hand erkunden sie ihren neuen Arbeitsbereich. Knöllchen gibt es deshalb vorerst keine.
Doch dabei soll es nicht bleiben. Denn der Bezirk Mitte setzt auf die Einnahmen aus den Parkautomaten. „Langfristig wird sich das Projekt auszahlen“, hofft Dittrich. Durch einmalige Ausgaben wie Bürgerinformationen sowie die Anschaffung von Verkehrsschildern rechnet er für das erste Jahr aber noch mit geringen Verlusten.
50 Cent pro angefangener halber Stunde kostet zukünftig die Parkbucht. Einige Straßen sind ausschließlich Anwohnern vorbehalten. Hier ist das Parken nur mit einer Jahresvignette für 30,68 Euro (60 Mark) erlaubt. Gerade die Anwohner hatten sich – verärgert über das ständige Verkehrschaos und den Parkplatzmangel – vor zwei Jahren für die Parkraumbewirtschaftung ausgesprochen. Tina Schwichtenberg fand bislang nicht einmal mit ihrem kleinen Smart einen Stellplatz. Trotzdem sieht sie das neue Konzept ambivalent. Denn die Anwohnerin ist auch Geschäftsinhaberin. „Es ist es schon ein Nachteil, dass unsere Kunden nicht mehr vorm Laden parken können“, meint die Galleristin.
Doch die Senatsverwaltung sieht das eher als Vorteil. Denn die Verantwortlichen hoffen, dass Kunden in Zukunft die öffentlichen Verkehrsmittel stärker nutzen. Für den Stadtteil Mitte würde das einerseits eine starke Entlastung des Verkehrs, vor allem aber eine Lösung des Parkplatzproblems bedeuten. Sollten sich die Vorstellungen erfüllen, könnte die Parkraumbewirtschaftung sogar bis zum Potsdamer Platz ausgeweitet werden. Die Zeiten des kostenlosen Parkens in der Innenstadt wären dann endgültig vorbei. Siegfried Dittrich hat für die betroffenen Autofahrer jedenfalls kein Mitleid: „Wer immer noch mit dem Auto in die Innenstadt fahren will, der muss eben zahlen.“
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