: Moscheegemeinde im Krebsgang
■ Bremer Taliban-Verdächtiger: Abu-Bakr-Gemeinde wittert Rufmord
Der Fall des Bremer Türken Murat K. (19), der von US-amerikanischen Soldaten in Afghanistan als Talibankämpfer verhaftet worden und nach Kuba ausgeflogen werden soll, sorgt nicht nur für internationale Verwicklungen – sondern auch für bremische. Gestern hat sich nach langem Schweigen der Vorsitzende der Abu-Bakr-Moschee zu Wort gemeldet. Hier soll Murat K. Ali M. (42) begegnet sein, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung emittelt. Und hier soll Murat K. das Flugticket nach Pakistan bekommen haben, sagt öffentlich ein Freund der Familie. In der Moschee spricht man dagegen von Rufmord. „Man will uns kaputt machen“, sagt der Vorsitzende, Yehia El-Moawen. Schon blieben Gemeindemitglieder weg aus Sorge, als Extremisten verdächtigt zu werden. Doch politische Agitation sei in der Moschee nicht erwünscht. „Wir verurteilen Terrorismus“, so der Vorsitzende gestern. „Auch den von Sharon.“ Beim Verfassungsschutz war die Gemeinde bislang nicht aufgefallen.
Seit 16 Jahren gibt es die Moschee, in die überwiegend Araber und Nordafrikaner kommen. Ein Ziel sei immer gewesen, Kinder weg von der Straße und aus den Diskos in die Gemeinde zu holen. Drei Mal die Woche wird hier Koranschule abgehalten. „Das lassen wir uns nicht zerstören“, sagt auch Hassan Shallali. Nach einem Gespräch mit dem Beschuldigten Ali M. erwäge man, gegen die Urheber böser Gerüchte vorzugehen.
Auch gibt es eine Erklärung, wie es zu solchen Anschuldigungen kommt. „Die Mutter leidet und will den Sohn zurück haben“, sagen die männlichen Würdenträger. Auch sei der Beschuldigte Ali M. Kurde, die Familie des Jungen türkisch. „Die mögen sich nicht, das weiß man doch.“
Mittlerweile finden sich in der Moschee aber auch erste, die unter den rund 700 Personen, die zu den Freitagsgebeten kommen, mehrmals auch Murat K. gesehen haben. Zu Wochenbeginn gab es nur Kopfschütteln. Und nach einem Gespräch mit Ali M. weiß man auch, dass dieser Murat K. kannte. Aber man sagt: Ali M. lebt von Sozialhilfe. Er hat kein Geld für Flugtickets. Was alle 700 Leute in der Moschee machten, könne man nicht wissen – und dafür sei man auch nicht verantwortlich. Jeder habe das Recht, in der Moschee am Breitenweg zu beten. Ali M. ist bekannt dafür, dass er oft dort betet.
ede
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