: Energiefressern geht es ab heute an den Kragen
Mit der neuen Energiesparverordnung der Bundesregierung sollen jährlich rund 10 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden
BERLIN taz ■ Für die einen ist sie „zentrales Element der Energie- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung“, für die anderen schlicht „nachbesserungsnotwendig“: Heute tritt die neue Energieeinsparverordnung in Kraft, kurz EnEV genannt. Die einen sind in diesem Fall die rot-grünen Regierenden, vertreten durch Bundesbauminister Kurt Bodewig (SPD), die anderen die erwartbaren Kritiker – hier der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen. Auffällig aber ist, dass die Stimmen der Kritik sehr verhalten sind. Tatsächlich wird die im November 2000 von Bodewig und Bundeswirtschaftsminister Werner Müller auf den Weg gebrachte EnEV überwiegend gefeiert.
Die wichtigste Neuregelung sieht vor, dass der zulässige Heizenergiebedarf bei Neubauten ab sofort um 30 Prozent gesenkt werden muss. Der Niedrigenergiehaus-Standard wird damit Norm – zur Beheizung eines Wohnquadratmeters dürfen jährlich 70 Kilowattstunden nicht überschritten werden. Das entspricht maximal 7 Litern Heizöl oder 7 Kubikmetern Erdgas pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr. Bauherren müssen diesen Standard künftig in der Baugenehmigung nachweisen. Doch auch Energiefressern wie ungedämmten Häusern und veralteter Heiztechnik geht es mittels Nachrüstungsfristen an den Kragen.
So müssen etwa alle bis 1978 installierten Heizkessel bis Ende 2006 ausgetauscht, die obersten Geschossdecken in bestehenden Wohnhäusern bis 2005 nachträglich gedämmt werden. „Dank der EnEV werden jährlich 140 Millionen Tonnen Heizöl eingespart – und damit 10 Millionen Tonnen Kohlendixoid – die Hälfte des Klimaschutzziels der Bundesrepublik im Gebäudebereich“, sagt Bodewig. Der Bundesbauminister verweist zudem auf erhebliche Investitionen, die in den kommenden Jahren ausgelöst werden. Die Verordnung rufe „eine steigende Nachfrage nach moderner Heiztechnik, Wärmedämmung und neuen Fenstern“ hervor. Nicht nur das: Bodewig erwartet, dass die technologische Innovation der Energiespartechnik am Bau einen „bedeutenden Schub“ erfahren wird.
Bislang regelten Einzelverordnungen wie die zu Heizanlagen oder Wärmeschutznorm den Standard am Bau. „Der wichtigste Vorteil der EnEV ist, dass Bauherren und Architekten mehr Spielraum bekommen“, so der Bundesbauminister. Ob durch Heiztechnik, Wärmedämmung, Niedrigenergie-Fenster oder Fassadenputz – wie der Bauherr das Einsparpotential umsetzt, bleibt nämlich ihm selbst überlassen.
Doch nicht nur Bauherren sind Gewinner – auch für Mieter bringt die EnEV Verbesserungen. So soll es künftig für jeden Neubau einen Energiepass geben, der die Heizsparmaßnahmen zertifiziert. „Mieter oder Käufer von Wohneigentum können so sehen, was an Nebenkosten auf sie zukommt, und besser vergleichen“, sagt Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (Dena), die mit der Umsetzung der Richtlinie betraut ist. Kohler will vermeiden, dass sich Häuslebauer selbst mit dem komplizierten Regelwerk befassen müssen. „Wir werden die Verordnung den Fachhandwerkern, Architekten und Bauplanern mit einer zielgenauen Kampagne nahe bringen“, so der Dena-Geschäftsführer. Sein Haus hat eine kostenlose Beratungshotline geschalten.
Fachleute gehen davon aus, dass Bauherren durch die EnEV Mehrkosten von 1 bis zwei Prozent entstehen. Allerdings verweisen sie darauf, dass sich diese Mehrkosten bereits in kürzester Zeit amortisieren – über gesparte Heizkosten nämlich. NICK REIMER
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