: Später Triumph für Seine Hoheit
Vittorio Emanuele, Sohn des letzten italienischen Königs, könnte schon bald aus dem Exil nach Italien zurückkehren
Nun ist sie endlich vorbei, die unselige „rassistische Verfolgung“, als deren Opfer sich Vittorio Emanuele von Savoyen seit 1946 sieht. Damals musste der achtjährige Königssohn samt allen anderen Savoyern die Koffer packen und Italien verlassen. Das Land nämlich hatte in einem Referendum für die Republik gestimmt, und jene Republik verfügte in ihrer Verfassung das Zwangsexil für alle männlichen Angehörigen des Königshauses.
Die Savoyer waren nicht eben beliebt damals. Vittorio Emanueles Opa – Vittorio Emanuele III. – hatte Mussolini den Weg an die Macht geebnet und alle Taten des faschistischen Regimes mitgetragen. Erst 1943 hatte der König den Diktator abserviert – sich dann aber bei Nacht und Nebel aus dem Staub gemacht und den größten Teil des Landes kampflos den Nazitruppen überlassen.
Daran möchte Enkel Vittorio Emanuele aber nicht so gern erinnert werden, und auch nicht an die Rassengesetze von 1938. „Gar nicht so tragisch“, befand er noch vor kurzem. „Rassistische Verfolgung“, an die Abstammung gebundene Diskriminierung, kann er nur im eigenen Fall erblicken.
Ewig beleidigt, etwas pomadig, des Italienischen nur bedingt mächtig – so kriegen die Italiener „Ihre Königliche Hoheit“ regelmäßig in Fernsehauftritten mit. Auf den ersten Blick ein Mann für die Regenbogenpresse, wenn er mit der perfekt gelifteten Gattin Marina Doria und dem Sohnemann – dem wie ein US-amerikanischer Serienbeau aussehenden Emanuele Filiberto – für die Fotostrecken posiert.
Doch anders als die Kollegen aus Europas Adelshäusern, ob Prügelprinzen oder kiffende Thronanwärter, hat Vittorio Emanuele ein Problem: Er muss im Genfer Exil für das Auskommen der Familie sorgen. Die Habe der Savoyer in Italien nämlich wurde 1946 samt und sonders beschlagnahmt. Als Job gibt er „internationaler Finanzberater“ an. Seit den Siebzigerjahren „beriet“ er die Waffenschmiede Agusta beim Verkauf von Hubschraubern in den Iran des Schahs und viele andere Dritte-Welt-Staaten. Die richtigen Kontakte hatte er nicht nur dank seiner Zugehörigkeit zum Hochadel. Auch bei der italienischen Geheimloge P2 stand er auf der Mitgliederliste.
Mehrfach stolperten italienische Staatsanwälte bei Ermittlungen in Sachen illegaler Waffengeschäfte über Vittorio Emanuele, doch alle Verfahren wurden eingestellt. Nur einmal wurde es für Königliche Hoheit eng. Im August 1978 hatte er im korsischen Hafen Cavallo aus Ärger über lärmende Urlauber einen Schuss abgefeuert. Getroffen wurde der junge Deutsche Dirk Hamer, der nach dreimonatiger Agonie starb. Frankreichs Justiz aber hatte ein Nachsehen mit dem Savoyer und sprach ihn frei.
Seitdem bemüht Vittorio Emanuele die Justiz vor allem als Kläger, sei es gegen „Verleumder“ wie den italienischen Starjournalisten Indro Montanelli, der ihm den Fall Hamer vorrechnete und unfeine Kontakte zu halbseidenen Figuren des italienischen Korruptionsdschungels ansprach (die Klage wurde abgewiesen), sei es vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen das Einreiseverbot in Italien. Dieses Verfahren wird nun wohl eingestellt: Italiens Senat hat schon Ja gesagt zur Rückkehr der Savoyer, und das Abgeordnetenhaus wird dem wohl bald folgen.
MICHAEL BRAUN
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