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Attac will ins Weserstadion

■ Beim „Coming-out“ von Attac Bremen platzt der Saal aus allen Nähten. Konkrete Aktionen für die Hansestadt sind aber bislang noch nicht geplant

Da behaupte noch einer, Globalisierung interessiere nur die Wirtschaftsbosse: Beim „Coming-out“ der Bremer Ortsgruppe von Attac am Dienstagabend füllten knapp 200 BremerInnen den Saal im Bürgerhaus Weserterrassen. Anderthalb Jahre schon sitzt das Bundesbüro der Organisation im benachbarten Verden, in mehr als siebzig Städten gibt es bereits Gruppen. Bremen brauchte etwas länger: Erst seit Ende letzten Jahres diskutieren hier an die 50 GlobalisierungskritikerInnen in sieben Arbeitskreisen und planen Aktionen. Die Themen reichen dabei von A wie Ausbildung bis W wie Weltwirtschaftsordnung. „Die Auswirkungen der Globalisierung sind auch in Bremen spürbar“, betont Attac-Mitglied Achim Heier. Das Bündnis will sich vor Ort konkrete Angriffspunkte auswählen, um gegen die neoliberale Globalisierung zu Felde zu ziehen. „Lasst uns Leben ins still gewordene Bremen bringen“, ruft Heier. Applaus brandet auf.

So gemischt wie das in mehr als 30 Ländern vertretene Attac-Bündnis aus Antikapitalisten, Ökos, Gewerkschaften, Kirchengruppen und sozialen Bewegungen ist, so bunt ist auch das Publikum bei der ersten Bremer Attac-Veranstaltung in den Weserterrassen. Rothaarige Punks mit Iroschnitt hocken neben altgedienten GewerkschafterInnen, die SchülerInnen von Widerstand International sind genauso vertreten wie die schon leicht ergrauten Friedensbewegten, die BUND-Mitglieder und die Generation 40 plus. Wer allerdings auf konkrete Kampagnen in Bremen gehofft hatte, wurde enttäuscht. „Wir sind da noch ganz am Anfang“, entschuldigt sich Heier.

Stattdessen gibt es Dias und Berichte vom Weltsozialforum in Porto Alegre. 60.000 Menschen haben dort im Februar über Alternativen zur herrschenden Globalisierung debattiert – Motto: Eine neue Welt ist möglich. Gerechtigkeit, Demokratie und Nachhaltigkeit sind die Leitlinien der Globalisierungskritiker. Dass der Schlüssel zu den globalen Veränderungen meist noch bei den Nationalstaaten liegt, macht Felix Kolb vom Attac-Bundesbüro deutlich: „Ein einziger Staat hätte genügt, um eine weitere Welthandelsrunde zu verhindern.“ Die Bewegung dürfe nicht nur bei Gipfeltreffen demonstrieren.

Außerdem gelte es, die Errungenschaften in den einzelnen Ländern zu sichern und zu verteidigen. Ein Schwerpunkt von Attac Deutschland wird dieses Jahr daher im Gesundheitssektor liegen. Kolb führt Chile als Negativbeispiel für die Aufteilung der Gesundheitsfürsorge in Pflicht- und Wahlleistungen an: „Die Reichen haben eine gute Versorgung, die der Armen ist beschissen.“

Zum ersten Angriffspunkt der Bremer GlobalisierungskritikerInnen könnte indessen der Space Park werden. Das „Musterbeispiel für die Auswirkungen der Globalisierung“, so kündigte Attac an, solle spätestens im Bürgerschaftswahlkampf eine Rolle spielen. Achim Heier ist optimistisch, dass die Mobilisierung bis dahin weiter erfolgreich ist: „Das nächste Mal treffen wir uns im Weserstadion.“ hoi

Informationen zu Attac Bremen und aktuelle Termine gibt es unter www.attac-netzwerk.de/bremen oder Tel.: 557 73 85. Arbeitskreise:

€Aktion Jugend Analyse: jeden Sonntag, 18 Uhr in der Bauernstr. 2, Tel.: 01 79/560 84 41

€Bildung/Ausbildung, Ethik, Werte: Tel.: 218  40 47

€Migration und Weltwirtschaftsordnung/Welthandelsordnung: Tel.: 557 73 85

€Ökologie/Ökonomie und Auswirkungen auf die Region: Tel.: 70 02 45

€Politische Ökonomie: jeden 2. und 4. Montag im Monat um 20 Uhr in der Bauernstr. 2, Tel.: 498 63 77

€Soziale Sicherungssysteme/Privatisierung: Tel.: 557 98 34

€Uni-Gruppe: jeden Mittwoch 10 Uhr im GW2, Raum 1060, Tel.: 780 91

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