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Kontinuität und Ausdehnung

Barock, Tschaikowsky und Arnecke im nächsten Spielplan der Oper  ■ Von Eberhard Spohd

Die Brandrede von Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher war kurz und knackig. Seit sieben Jahren stagniere der Zuschuss der Stadt Hamburg für die Staatsoper bei 80 Millionen Mark. Im selben Zeitraum seien die Personalkosten gewaltig gestiegen, „was eine reale Kürzung im künstlerischen Bereich in erheblicher Höhe bedeutet“. Das habe man bislang, sagte der Chef des Hauses an der Dammtorstraße am Donnerstag bei der Vorstellung der kommenden Spielzeit 2002/03, durch verstärkten Einsatz aller Abteilungen wettmachen können: „Der Leitplan für die Oper kristallisiert sich heraus, und diese Linie wollen wir weiter verfolgen: Kontinuität, Ausdehnung, sich treu bleiben.“ Um diesen Anspruch zu erfüllen, müssen Senat und Bürgerschaft nachlegen. Denn die Finanzierung des Opernhauses ist nur noch für die kommende Saison gesichert.

Die folgenden Spielzeiten werden in den nächsten Wochen und Monaten verhandelt. Was da auf das Management zukommt, skizzierte der geschäftsführende Direktor Detlef Meierjohann. Die „Manufaktur Oper“ sei ein personalintensiver Bereich mit seinen über unterschiedlichen 50 Werken, die in der kommenden Spielzeit auf dem Programm stehen. „Eine Tariferhöhung um ein Prozent bedeutet für uns Mehrkosten von 390.000 Euro. Nach den Verhandlungen im Herbst kann dann jeder selber nachrechnen, wieviel wir mehr ausgeben müssen.“ Diese Tariferhöhungen müsse die Stadt übernehmen: „Es kann nicht im Sinne der Politik sein, das wieder kaputtzu machen, was wir hier aufgebaut haben.“

Immerhin, für die Spielzeit 2002/03 ist die Finanzierung gesichert und das Programm mit acht Premieren festgelegt. Die Saison wird mit einem Tag der Offenen Tür am 14. September und einen Tag später mit einem Werk aus der jüngsten Vergangenheit eröffnet. Die erste Premiere, dirigiert von Metzmacher, wird La vera storia des italienischen Komponisten Luciano Berio sein.

Die Handlung basiert auf derselben Ausgangssituation wie Verdis Trovatore: Zwei Männer aus verschiedenen politischen Lagern lieben dieselbe Frau. Interessanterweise wird in beiden Akten derselbe Text verwendet, doch durch die völlig andere Vertonung bekommt das Spiel eine neue Perspektive. Berio schrieb eine Rolle Milva auf den Leib, die in dieser Inszenierung erstmals an der Hamburger Oper auftreten wird.

Passend dazu wird auch der Troubadour neu inszeniert und gehört zu einer romantischen Trilogie. Neben Verdis Opus werden Peter TschaikowskisPique dame und Richard Wagners Meistersinger von Nürnberg gegeben. Die Wagner-Oper wird hauptsächlich aus dem Ensemble besetzt. Auch das ist Programm, wie Intendant Louwrens Langevoort betont: „Wir wollen eine Ensemble-Oper werden. Auch wenn wir uns weiterhin um prominente Künstler bemühen, wird der Starkult der letzten Jahre doch weniger wichtig“.

Auch im Bereich Barock wird weiter auf das eigene Orchester gesetzt. Zum 325-jährigen Jubiläum steht Claudio Monteverdis Incoronazione di Poppea auf dem Programm. „Wir haben uns wieder dagegen entschieden, ein spezialisiertes Orchester zu engagieren“, erläutert Langevoort die Entscheidung für die hauseigenen Musiker, „und erhoffen uns dadurch auch positive Einflüsse auf die Arbeit des Orchesters.“

Das 20. Jahrhundert wird durch zwei weitere Werke abgedeckt. Erstmals in Hamburg wir Francis Poulencs Dialogues des carmélites gegeben. Die Rolle der Mère Marie übernimmt Anja Silja, die bereits in Janaceks Sache Makropulos großen Erfolg hatte. Zum Saisonabschluss wird das Auftragswerk Das Fest im Meer von Jörn Arnecke auf Kampnagel uraufgeführt. Der 29-Jährige war eines der Talente aus der Komponistenwerkstatt des Hauses. Dieser Auftrag zeugt auch von der Qualität der Werkstatt, die zur Spielzeit 2003/04 erneut ausgeschrieben wird.

Neben diesem ambitionierten Programm hatte Detlef Meierjohann eine weitere erfreuliche Nachricht: Das Abonnements-Angebot wird erweitert, und die Preise blieben in der kommenden Spielzeit stabil. Möglich wird dies durch Rücklagen, die in den vergangenen Jahren angespart wurden. Um dann mahnend anzuschließen: „Ob dies allerdings auch noch möglich sein wird, wenn bei uns am Haus gespart wird, ist fraglich.“

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