piwik no script img

vorlaufSchmusen beim Bund

„37 Grad: Wenig Frauen, viele Männer …“

(Di., 22.15 Uhr, ZDF)

Haben wir es nicht schon immer gewusst: Die Bundeswehr ist in Wirklichkeit kein militärischer Kampfbund, um deutsche Interessen mittels Waffengewalt in der Welt durchzusetzen. Sondern in Wahrheit: ein charmanter Flirt- und Schmuseverein. Ganz im Sinne seines Vorbilds, des Bundesverteidigungsministers Rudolf Scharping.

Dieses geniale Ablenkungsmanöver von realen Kriegsstrategien der Bundesregierung hat nun Fernsehautor Frank Overhof seinerseits weit übertroffen. In seinem Dokumentarfilm „Wenig Frauen, viele Männer“ in der ZDF-Reihe 37 Grad begleitet er drei Frauen seit ihrer Einberufung und stellt jene entscheidenden und brisanten Fragen, die uns alle schon lange bewegen: Ja, haben die Mädels, die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes am 2. Januar 2001 endlich den Dienst an der Waffe beginnen dürften, nicht supertolle Bademoden? Und ist es nicht ein prima Klima, wenn Soldatin Franziska sich gleich während der Grundausbildung in ihren Ausbilder verliebt? Fragt sich nur, was diese linken Friedensbewegten und Pazifisten bloß zu mäkeln haben. Etwa, wenn sie erst kürzlich wieder gegen den amerikanischen Präsidenten Bush und dessen Kriegslüsternheit demonstrierten – wobei immer die Ängste vor der von Kanzler Schröder erklärten „uneingeschränkten deutschen Solidarität“ mitschwingen.Was ist denn nur gegen diesen netten Single-Club einzuwenden?

Erotik und Militär – eine faszinierende Fragestellung. Da drehen im ZDF eben so einige Männerfantasien durch. Ganz leicht und ungezwungen. Wenn das nicht der Inbegriff der Pressefreiheit ist! Und das Schönste: Es gibt keinen Ärger, tut niemandem weh, keine Beschwerden, keine Gegendarstellungen. Ist der Obergefreite, der sich so lieb nach dem Teddy auf dem Bett erkundigt, bevor er den Spind kontrolliert, nicht ein Pfundskerl? Und gibt es denn keinen Kavalier, der den Mädels die dreißig Kilo Marschgepäck aus der Hand reißt? Ach ja, dann hat der Autor doch noch eine überraschende Erkenntnis: Scharf geschossen wird nicht mehr nur auf dem heimischen Übungsplatz. Ehrlich wahr?

GITTA DÜPERTHAL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen