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Guevara Solar

Seit 1999 läuft die Produktion von Modulen in Kuba. Sie werden seit Januar nach Deutschland importiert

HAVANNA taz ■ Durch einen Zufall ist Jan van de Loo auf seinen kubanischen Partner aufmerksam geworden. Über eine Anzeige in dem kubanischen Wirtschaftsmagazin Business Tips on Cuba ist der 45-Jährige Solarexperte auf das Kombinat „Ernesto Che Guevara“ in Pinar del Río gestoßen. Das war 1998 und seitdem hat Van de Loo den Kubanern bei der Entwicklung ihrer Photovoltaikproduktion geholfen. „Vor allem Kontakte zu Fachleuten habe ich hergestellt, die die Kubaner beraten haben“, sagt der Hamburger Unternehmer.

Im Austausch für seine Hilfestellung erhielt van de Loo die exklusiven Vertriebsrechte der so genannten Disol-Photovoltaikmodule für ganz Europa. Ein interessantes Geschäft, denn viele europäische Unternehmen haben Lieferschwierigkeiten. „Die Nachfrage auf dem Markt ist derzeit größer als das Angebot“, sagt Van de Loo, der im Januar die erste Lieferung kubanischer Module im Hamburger Hafen in Empfang nahm. Das 100.000-Dächer-Programm der Bundesregierung und die Novellierung der Energiegesetzgebung sind die Ursache für den Run auf Solarmodule. Ein optimaler Zeitpunkt, um das kubanische Produkt auf dem Markt zu bringen.

Seitdem van de Loo die Module Ende letzten Jahres auf einer Messe vorgestellt hat, kommt auch die Nachfrage ins Rollen. Überrascht sei die Fachwelt nicht nur darüber gewesen, dass überhaupt Module in Kuba hergestellt werden, sondern auch über deren Qualität, sagt van de Loo. Hergestellt werden die in sechs verschiedenen Größen erhältlichen Module im Combinado Ernesto Che Guevara. Das ehemalige Prestigeobjekt kubanischen Modernisierungswillens stellte früher Halbleiter für den sozialistischen Markt her. Computerteile und elektronische Schaltkreise entstehen auch heute noch in dem Werk, doch der ganze Stolz der Ingenieure ist die Photovoltaikproduktion.

Rund 2.000 kubanische Schulen wurden in den letzten beiden Jahren im Auftrag des Erziehungsministeriums mit Solaranlagen ausgestattet. Doch mit diesem Auftrag sind die derzeit 35 Mitarbeiter der Division Tecnología Electronica (Ditel) längst nicht ausgelastet und der nationale Markt viel zu klein für das staatliche Unternehmen. Die eigentlichen Solarzellen werden nämlich noch aus Deutschland, vom Konstanzer Solarzellenhersteller Sunways, geliefert und sind damit für kubanische Verhältnisse relativ teuer.

Monatlich geht eine Lieferung von Hamburg nach Havanna und im Gegenzug nimmt van de Loo die fertigen Module entgegen. Die werden in Pinar del Río von Hand verlötet, in der Vakuumpresse mit Spezialfolien und Glas verklebt und getestet. In Deutschland erhalten sie dann noch das TÜV-Zertifikat, bevor sie in den Vertrieb gehen.

80 Prozent der Produktionskosten entfallen auf die teuren Solarzellen. Dieses Geld wollen die Kubaner bald sparen. Für die zweite Jahreshälfte 2002 ist die Aufnahme der Produktion von Solarzellen geplant und die neuen Anlagen sind schon zur Hälfte fertig gestellt, so Guillermo Santana, Solarexperte der Universität Havanna. Finanziell unterstützt wurden die Kubaner dabei vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), das Spezialisten und einen Teil der Ausrüstung lieferte. Die ist auf dem neuesten Stand der Technik. Davon hat sich van de Loo bei seinen Besuchen in Kuba genauso überzeugt wie von der seiner Mainung nach sehr hohen Qualifikation der Angestellten.

Die Kapazität der Fabrik liegt derzeit zwischen 1 und 2 Megawatt. Nicht viel angesichts der 60 Megawatt, die in Deutschland im letzten Jahr installiert wurden. Aber die Kubaner sind nicht nur dabei, die Produktion von leistungsstärkeren Modulen mit 130 beziehungsweise 150 Watt Leistung vorzubereiten. Sie denken auch über eine Aufstockung der Produktion nach. Denn sie unterbieten mit ihren Disol-Modulen die Konkurrenz in Deutschland um rund 15 Prozent.

KNUT HENKEL

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