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Antitheater und Realität

Die Miniperformance „It‘s Your Film“ von Stan‘s Café beim Laokoon-Festival simuliert Kino für einen Zuschauer

Ein finsterer Gang, am Ende eine enge Kammer, ein Stuhl, ein Vorhang. Gegenüber eine Glasscheibe. „Gute Unterhaltung“ wünscht der freundliche Mann am Eingang mit britischem Akzent und zieht den Vorhang zu. In der Dunkelheit stellt sich ein mulmiges Gefühl ein. Dann beginnt die Show, und eine dunkle Großstadtballade nimmt ihren Lauf. Die Performance It‘s Your Film der britischen Gruppe Stan‘s Café demontiert raffiniert überlieferte Formen von Film und Drama – und entwickelt daraus ein regelrechtes Anti-Drama. Parallel zum großen Eröffnungsabend des Laokoon Festivals auf Kampnagel konnten einige wenige Zuschauer das nur vierminütige Spektakel erleben.

Verzerrte Klänge vom Band. Plötzlich erscheint eine Art Bild auf dem Schirm. Was wie eine Filmprojektion aussieht, ist in Wirklichkeit eine raffinierte Spiegelkonstruktion, die eine Live-Show vor das Auge bringt. Mit Vorliebe spielen die beiden Macher von Stan‘s Café, James Yarker und Graeme Rose aus Birmingham in ihren Performances mit dem Verhältnis Künstler-Zuschauer. Um sie herum gruppiert sich ein Pool von Mitwirkenden aus anderen Disziplinen: Bildende Künstler, Fotografen, Designer und Grafiker.

Die Bilder folgen einander in rascher Folge. Unterbrochen von kurzen schwarzen „Zwischenschnitten“. Ein Mann allein in einer Gasse. Er zündet sich eine Zigarette an. Ein anderer Mann bedient die Wählscheibe eines Telefons. Plötzlich blickt er erschrocken direkt in die vermeintliche „Kamera“. Offenbar ist der eine auf der Flucht vor dem anderen. Ein bizarres Räuber- und Gendarmespiel entwickelt sich. Das ist höchst amüsant anzuschauen, bis zu einem echten Clou am Ende, der nicht verraten wird. Nur soviel, am Ende lassen Stan‘s Café auch noch die Ebenen von Anti-Theater und Realität verschwimmen. Annette Stiekele

Sa + So, ab 19 Uhr, Kampnagel

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