piwik no script img

Bahn frei für die Deutsche Bahn

Kabinett beschließt, den Wettbewerb im Nahverkehr einzuschränken. Vollständige Ausschreibungen sind frühestens Ende 2014 Pflicht. DB-Konkurrent Connex ist trotzdem zuversichtlich. Bahnchef Hartmut Mehdorn freut sich über „Investitionssicherheit“

von KATHARINA KOUFEN

Der Wettbewerb im Bahn-Nahverkehr soll noch mindestens bis Ende 2014 eingeschränkt bleiben. Während dieser Zeit will man sich den obligatorischen Ausschreibungen von Bahnstrecken „schrittweise“ nähern. Das beschloss das Bundeskabinett gestern in Berlin. Der Bundesrat muss der Entscheidung Ende September noch zustimmen.

Die Länder, die den Nahverkehr bei der Deutschen Bahn (DB) und ihren Konkurrenten bestellen, können Aufträge auch „freihändig“ vergeben, also ohne Ausschreibung. Diese Praxis war bisher umstritten: Das Vergaberecht sieht eine weitgehende Pflicht zur Ausschreibung vor. Im allgemeinen Eisenbahnrecht steht dagegen, dass die Behörden diese Leistungen ausschreiben können.

In den letzen Monaten hatten private Verkehrsunternehmen dagegen geklagt, dass Aufträge ohne Ausschreibung an die DB vergeben werden. In deren Hand liegen rund 90 Prozent des Schienenverkehrs. Die kleineren Konkurrenten befürchten, dass die Länder die DB bevorzugen. Diese droht, Investitionen und Stellen zu streichen, wenn sie Aufträge verliert.

Die Deutsche Bahn AG fordert schon länger, dass Strecken längerfristig vergeben werden müssen. Sonst lohne es nicht, in Wagen und Lokomotiven zu investieren. Die Länder überlegen daher, die Fahrzeuge selbst zu kaufen und an die Verkehrsunternehmer zu vermieten. Statt Miete zu zahlen, müssten die Betriebe ihre Strecken befahren, ohne vom Land Geld zu erhalten. Bisher bezahlen die Länder den Nahverkehr aus den insgesamt rund sieben Milliarden Euro Regionalisierungmitteln, die sie vom Bund erhalten. Bahnexperten schätzen, dass es rund 15 Jahre dauern würde, bis etwa eine Diesellok für rund drei Millionen Euro abbezahlt ist.

Der Hauptkonkurrent der Bahn, die Vivendi-Tochter Connex, zeigte sich gestern optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, dass es trotzdem weiterhin Länder gibt, die die Wettbewerbschancen nutzen“, sagte Sprecher Andreas Winter der taz. So habe das Land Niedersachsen die Nordwestbahn-Strecke zwischen Osnabrück und Bremen aus freier Wahl an Connex vergeben. „Die würden das jederzeit wieder tun, denn wir hatten im letzten Jahr bei den Fahrgästen einen Zuwachs um 70 Prozent.“

Die Deutsche Bahn selbst begrüßte den Kabinettsbeschluss. „Ich hoffe jetzt nur, dass auch der Bundesrat zustimmt“, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn gestern. „Dann haben wir endlich Investitionssicherheit.“ Im Übrigen gelte die neue Regelung nicht nur für die Bahn, sondern auch „für die Wettbewerber, die bereit sind, das normale unternehmerische Risiko zu tragen und in Züge zu investieren.“

meinung SEITE 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen