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Superhandy sucht Nachfrage

Das Mobilfunkprojekt UMTS steckt in der Krise. Gegen den Trend stellt der Handybauer Nokia heute die nächste Generation im Mobilfunk vor

Das Mobilfunkkürzel UMTS steht längst für Misserfolg und Größenwahn

BERLIN taz ■ Heute stellt der finnische Marktführer Nokia in Helsinki sein erstes Handy der „dritten Generation“ vor, höchstwahrscheinlich eine abgespeckte Version seines seit langem angekündigten UMTS-Gerätes mit neuartigen Möglichkeiten der Bild -und Vidioübertragung. Ob damit tatsächlich ein neues Zeitalter der mobilen Datenübertragung beginnen wird, ist allerdings fraglich.

In die Entwicklung eines künftig europaweiten UMTS-Netzes mit Sendeanlagen und Lizenzrechten soll Nokia bereits 200 Milliarden Euro gesteckt haben – eine der teuersten Innovationen in der Wirtschaftsgeschichte überhaupt. Lediglich der US-Hersteller Motorola, weltweit die Nummer zwei bei der Handy-Entwicklung, hat bislang einen Prototyp eines UMTS-Gerätes entwickelt. Doch er verzichtet wegen zahlreicher Mängel bei der Technolgie und des fehlenden Sendenetzes auf eine eine Serienproduktion im großen Stil. Denn das Kürzel UMTS (Universal Mobile Telecommunication System) steht längst für Misserfolg und Größenwahn.

Berauscht vom weltweiten Erfolg der Mobilfunktechnik GSM, hatte sich die Handybranche Ende der Neunzigerjahre in das Megaprojekt UMTS gestürzt. Per Handy, so die Hoffnung, würden bald Millionen Kunden im Internet surfen, Bankgeschäfte erledigen, Filmvorschauen ansehen oder elektronische Postkarten versenden. Blind vertraute man den Schwindel erregenden Prognosen von Analysten und Beratern, die den Firmen Umsätze in dreistelliger Milliardenhöhe und fortwährend sprudelnde Gewinne versprachen. Blauäugig glaubten sie den Aussagen von Technikern und Geräteherstellern, die eine schnelle Realisierung der mobilen Multimedia-Welt versprachen. Und alle wollten dabei sein, als die Regierungen in Europa die knappen Frequenzen für die neue Technologie versteigerten.

Mittlerweile sind die Träume verflogen. Die hoch gelobte Zukunftstechnik ist noch lange nicht einsatzfähig und wird frühestens in ein oder zwei Jahren auf den Markt kommen. Und die Skepsis, ob die Kunden überhaupt Tag und Nacht am Handy hängen und für sehr teures Geld multimediale Inhalte beziehen wollen, wächst von Tag zu Tag. Das weiß man auch beim Nokia-Konzern, wo man fieberhaft nach Alternativen sucht, das UMTS-System billiger und stabiler zu machen. Die erfolgsverwöhnten Finnen gaben im April selbst einen düsteren Ausblick auf die Branche, obwohl sie vor Abzug der Steuern immerhin noch einen Gewinn von 1,63 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 7 Milliarden Euro einfuhren. Für die kommenden Jahre rechnet man in Helsinki schon jetzt mit einem „lauen Geschäft“.

Andere Mobilfunkunternehmen trifft die Branchenkrise längst ins Firmenmark. Mobilcom will anscheinend morgen den Abbau von bis zu 1.200 Stellen bekannt geben, betroffen seien 800 Arbeitsplätze beim Mobilfunk und 400 bei der UMTS-Entwicklung. Motorola, einst Vorreiter bei der UMTS-Technologie, hat in diesem Jahr schon rote Zahlen geschrieben. Mobilfunkanbieter wie Quam und Xfera gaben ihre UMTS-Experimente stillschweigend auf, Vodafone wartet ersteinmal ab. Ob Nokia die allgemeinen Bedenken gegenüber fehlerhafter Technik und Marktstrategie wird zerstreuen können, bleibt abzuwarten. Unbeeindruckt von aller Skepsis startet gestern in Österreich erstmals in Europa ein UMTS-Versuchsnetz in mehreren großen Städten.

ROLAND HOFWILER

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