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Deutsche Tugenden für Saddams Kicker

Bernd Stange, Trainer der irakischen Fußball-Nationalmannschaft, sieht seine vorderasiatische Mission streng sportlich

Bernd Stange hat schon einiges mitgemacht in seinem Leben als Fußballtrainer. So betreute er beispielsweise die Mannschaft von Perth Glory an der australischen Westküste, und wer es dort drei Jahre ausgehalten habe, so würden zumindest die Leute in den östlichen Metropolen Sydney und Melbourne sagen, sei durchaus prädestiniert für einen Job als Nationalcoach im Irak. Auch nach Dnjepropetrowsk in die Ukraine hat es den 54-Jährigen mal verschlagen, mit der arabischen Welt machte er Bekanntschaft, als er für einige Wochen die Auswahl des Oman übernahm. Dort erwartete man von Stange nichts weniger, als das Team im Handstreich zur WM 2002 zu führen, als das misslang, schickte man ihn umgehend in die Wüste – oder besser gesagt, aus dieser hinaus.

In Deutschland blieb Bernd Stange dem kollektiven Gedächtnis vor allem wegen seiner klassischen Sentenz über Mario Basler („Bis zum Hals Weltklasse, darüber Kreisklasse“) erhalten, die er während seines glücklosen Engagements Anfang der 90er bei Hertha BSC prägte. Und natürlich wegen seiner Stasi-umwitterten Vergangenheit als Nationaltrainer der DDR, die – ebenfalls glücklos – von 1983 bis 1988 währte.

Ob in seinem Vertrag auch damals schon festgehalten war, dass er sich nur zu sportlichen Belangen äußern müsse, ist ungewiss. Saddam Hussein beziehungsweise dessen Sprössling, der als Fußballverbandspräsident den Kontrakt mit Stange am Wochenende perfekt machte, hatten mit einer solchen Antipolitik-Klausel jedenfalls keine Probleme. Was den deutschen Neu-Iraker, der zuvor ein Jahr lang arbeitslos war, nicht hinderte, sogleich selbst dagegen zu verstoßen. Kritik aus der Heimat wies er mit dem ebenso politischen wie plausiblen Argument zurück, dass schließlich über 50 deutsche Firmen bei der kommenden Bagdad-Messe vertreten seien. Außerdem bemerkte er hintersinnig süffisant: „Versuchen Sie doch mal, irgendeinem Fan in Schalke oder Dortmund einzureden, dass die Vizeweltmeisterschaft der deutschen Nationalmannschaft eigentlich ein Erfolg für Gerhard Schröder oder Edmund Stoiber ist.“ Genau das hatten die beiden Politiker wochenlang versucht. Für den Neuaufbau der Mannschaft versprach Bernd Stange, „keinen deutschen, sondern einen irakischen Weg“ zu gehen. Saddam als Mittelstürmer? Giftgas gegen Schiedsrichter? Internierung für Chancenversieber? Nun, man wird sehen.

Stange, so sagte Dettmar Cramer einmal, sei „ein äußerst exakter und kreativer, engagierter und fordernder, dabei aber auch sehr sensibler Fußball-Lehrer.“ Offenbar auch ein bescheidener. Man wolle sich mit Saudi-Arabien, Iran, Japan oder Südkorea messen, erklärte er, es gehe nicht darum, „in die Phalanx europäischer Manschaften einzudringen. Das schaffen die in 100 Jahren nicht.“ Ob solche defätistischen Töne der Erfüllung des Vierjahresvertrages zuträglich sind, sei dahingestellt, zumal Japan und Südkorea den Europäern gerade erst mächtig zugesetzt haben.

Sicher ist, dass Bernd Stange das Land verlassen darf, wenn es Krieg gibt. Ein Nachfolger steht für diesen Fall schon bereit. „Als Deutscher sollte man sich zu unserem Bündnis mit den USA bekennen“, hatte Bochums Trainer Peter Neururer unlängst Richtung Stange gemault. Viel Spaß beim Einmarsch! MATTI LIESKE

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