Wiederaufbau Ost: Wir packen das schon
Soli-Päckchen nach drüben
Endlich wieder Pakete in den Osten! Wie gut hat es damals getan, zu Weihnachten Schokolade, Kaffee und Netzstrumpfhosen zu den Brüdern und Schwestern jenseits des eisernen Vorhangs zu schicken. Und wie sehr hat vielen Westdeutschen diese einfache Möglichkeit, Gutes zu tun, nach 1989 gefehlt, die immer auch ein Hauch von nationaler Aufgabe umwehte.
Jetzt geht es wieder los: Die Bremer Polizei hat, wie vor dem Mauerfall, eine Patenschaft mit der hochwassergebeutelten Gemeinde Gübs bei Magdeburg übernommen. Schließlich hat der Kanzler nach der Flut zur nationalen Solidarität aufgerufen, um so die innere Einheit zu vollenden. Zum Fest der Liebe will man es den Bremern ganz einfach machen, sich daran zu beteiligen: Nicht wie früher – einkaufen, Päckchen schnüren und noch ein paar warme Worte dazu –, sondern mit 15 Euro ist man dabei. Das Packen der Pakete übernehmen Famila-Verbrauchermärkte – Solidarität in der Postmoderne sozusagen. Der Postversand fällt auch flach: Bremens Polizeipräsident Eckhardt Mordhorst bringt die Präsente höchstselbst nach Gübs, gibt dort am 6. Dezember den Knecht Ruprecht.
Früher sollten die Ost-Pakete gegen fehlende Rede- und Reisefreiheit oder Mangelwirtschaftsfrust helfen, auch ein wenig Appetit auf den goldenen Westen machen. Heute will die Bremer Polizei mit „verschiedenen Leckereien“ das Leid jener lindern, die „zum Teil ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben.“ Keller voll? Taschen leer? Nasch’ dir eins, dann wird’s schon wieder. jank
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen