: Der herrliche Schund
Ist schon eine Weile her, dass Krimis ihr Schattendasein hinter Goethes „Wahlverwandtschaften“ fristen mussten, wo man die Heftchen versteckt hatte, weil die Freude am Mörderhaschen einst nur mit den niedersten literarischen Instinkten erklärt werden konnte. Schundliteratur. Lange vorbei. Krimis boomen, und seine Scham hätte man sich sparen können, wenn man nur auf den negativen Dialektiker Theodor W. Adorno gehört hätte: „Seit je“, schrieb der krimianalytisch, „hat die Aufklärung im umfassendsten Sinne fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils.“ Der Doppelcharakter des Krimis. Seine Losung „Es gibt kein wahres Leben im falschen“ ist geradezu eine Aufforderung für Pulp Fiction. Jeder cop ein criminal, alle sinner saints. Mord, Totschlag, die Grenzen der Ratio (Sherlock Holmes). Und whodunnit. Bei der Kriminacht im Tränenpalast als britisch-deutsches Autorenduell: Mo Hayder, Magdalen Nabb und Andrew Taylor hie, Hartmut Mechtel, Bernhard Thieme und Thea Dorn (ein auf Adorno Bezug nehmendes Pseudonym) da, auf einer hübsch mit Särgen dekorierten Bühne. Mit einem gregorianischen Chor, der zur Einkehr ruft.
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