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Arbeitslosigkeit in SpanienOh je, España

Gehen oder bleiben? Das ist die Frage, die sich die jungen Spanier Cristina (24) und Velmar (30) stellen. Ein Pro und Contra.

Gehen oder bleiben? Das ist eine Frage, die sich viele junge SpanierInnen in diesen Tagen wohl häufig stellen. Bild: dapd

GEHEN! Die meisten aus meinem Freundeskreis sind schon ins Ausland gegangen: Nach Deutschland, nach Frankreich, nach Großbritannien, in die USA, zwei sind sogar nach Australien ausgewandert. Jeder, der heute die Uni abschließt, kann gut Englisch sprechen. Keine Fremdsprachenkenntnisse zu haben, das kann sich niemand mehr leisten. Wer kann, der geht, vor allem natürlich die Leute, die studiert haben und hohe Ansprüche an ihren Arbeitsplatz stellen.

Ich habe gerade mein Studium abgeschlossen, Industriedesign. Da lernt man, wie man Möbel gestaltet, Haushalts- oder Elektrogeräte. Also Sachen, die von Verbrauchern genutzt werden. Ich habe einen guten Abschluss – einen Job habe ich bislang trotzdem nicht gefunden. Als ich anfing zu studieren, sah alles noch ganz rosig aus: Die Berufsaussichten waren gut, wer damals seinen Abschluss gemacht hatte, der bekam immer einen Job. Während des Studiums gab es dann jedes Jahr mehr Absolventen, die es nicht mehr so einfach hatten. Und ich dachte: oh je.

Im Juli bin ich dann mit einer Reihe von Praktika fertig geworden, die ich über ein Jahr lang gemacht habe. Ich hatte eigentlich gehofft, danach etwas zu finden und hier in Spanien bleiben zu können, aber danach sieht es derzeit nicht aus. Die Situation ist gerade so instabil, man weiß überhaupt nicht, was die Zukunft bringt. Wird es besser? Wird es noch schlechter? Bricht alles zusammen? Überhaupt Arbeit zu finden ist schon schwer, und dann noch eine, die mich interessiert …

Mit diesem Gedanken habe ich auch im vergangenen Jahr angefangen, Deutsch zu lernen. Englisch und Französisch spreche ich schon, während meines Studiums habe ich ein Auslandssemester in den Niederlanden verbracht. Gerade mache ich einen Intensivkurs am Goethe-Institut in Barcelona. Jetzt kann ich darauf hinarbeiten, mich auf Deutsch bewerben zu können. Denn nach allem, was man hier hört, werden in Deutschland Arbeitskräfte gesucht. Dafür muss ich natürlich die Sprache können.

Mein Plan ist folgender: Etwa im Dezember will ich ins Ausland gehen, um dort zu arbeiten. Wohin? Das weiß ich noch nicht genau. Vielleicht in die Niederlande, die kenne ich immerhin schon – auch wenn ich während meines Auslandssemesters noch nicht daran gedacht habe, dass ich mich dort eines Tages auf Arbeitsstellen bewerben werde. Ich sehe mich gerade um, durchforste Bewerbungsportale, übersetze meinen Lebenslauf in andere Sprachen. Das ist ein ganzer Haufen Arbeit. Und dann muss ich natürlich erst einmal für einige Wochen in die unterschiedlichen Länder gehen. Denn wenn du nicht vor Ort bist, lädt dich keiner zum Bewerbungsgespräch ein.

Ich hoffe, dass sich in drei, vier Jahren alles wieder zum Besseren entwickelt. Dass die Wirtschaft sich beruhigt und es wieder Arbeit gibt. Denn für immer will ich nicht ins Ausland gehen. Ich fühle mich als Spanierin, ich bin hier verwurzelt, und eigentlich lebt man hier sehr gut. CRISTINA RIBAS YÚFERA

BLEIBEN! Von einer Krise würde ich nicht sprechen. Ja, es gibt dieses Gefühl von Krise allerorts. Es ist richtig, es gibt hier in Spanien eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, mehr Menschen suchen einen Job. Aber was fehlt ihnen? Sie bekommen immer noch Unterstützung vom Staat. Sie können sich damit nicht das neueste iPhone kaufen, aber es ist nicht so, dass sie nichts zu essen haben.

Ich bin vor acht Jahren aus Mexiko nach Spanien gekommen. Ich lebe in Madrid, aber gerade im Sommer reise ich durch das ganze Land und mache Shows. Auf der Straße genauso wie in Diskotheken oder auf Veranstaltungen. Feuershows, Lichtinstallationen, Sachen, die explodieren. Die Auftritte auf der Straße mag ich am liebsten: Da bin ich am freiesten, kann selbst entscheiden, was ich mache, in welchem Tempo und wie lange. Und in einer Stunde hat man tausend Zuschauer, weil immer wieder Leute stehen bleiben, einige gehen, andere dazukommen.

Ja, ich kann davon leben, ich bin aber auch nicht der Typ, der Luxus braucht. Vor ein paar Jahren war es deutlich mehr Geld, das ich für einen Auftritt bekommen habe, da konnte ich locker noch etwas zu meiner Familie nach Mexiko schicken – das geht jetzt nicht mehr. Ich merke auch, dass meine Auftritte weniger wertgeschätzt werden, das ist etwas Subtileres: Die Leute reagieren nicht mehr so begeistert, es wirkt wie eine kollektive Depression. Ich habe auch den Eindruck, dass die Leute mehr Drogen nehmen, mehr Alkohol trinken. Das fällt mir natürlich in einer Vorstellung besonders auf, wenn Zuschauer rumpöbeln und sich danebenbenehmen.

Aber eine Krise? Krise bedeutet für mich, dass es an etwas Essenziellem fehlt, aber dieses Fehlen setzt wiederum kreative Energie frei. Zum Beispiel in der Natur: Der Löwe ist hungrig; so geht er auf die Jagd und sucht Wege, um Nahrung zu finden. Wir Menschen sind genauso. Wenn wir hungrig sind, dann müssen wir einen Weg suchen, um etwas zu essen zu finden. Und dieses Kreative, das sehe ich gerade in Spanien noch nicht.

Was ein kreativer Weg wäre? Die Krise als Chance zu begreifen. Sich zusammenzuschließen, sich zu solidarisieren, zu begreifen, dass man gemeinsam stärker ist. Möglicherweise ist das etwas, was ich aus der mexikanischen Kultur mitgebracht habe. Dort funktioniert es so: Wenn einer eine schlechte Zeit hat, dann hilft jemand anders aus. Genauso wie ich meiner Familie immer Geld geschickt habe, wenn es ging. Ohne viel zu fragen oder lange zu verhandeln.

In Spanien passiert gerade das Gegenteil: Das Land ist mit weniger als 50 Millionen Einwohnern eh nicht allzu groß – und was machen die? Separieren sich weiter in Regionen, identifizieren sich nicht mit der Gesellschaft als Ganzem. Das sind Schwachpunkte. Spanien ist ein großartiges Land, es ist unglaublich, hier leben zu dürfen. Aber man darf nicht darauf warten, dass einem jemand den Apfel in die Hand drückt. Man muss einen Samen nehmen, ihn pflanzen, sich darum kümmern, Geduld haben, und irgendwann ernten. VELMAR ALBARRÁN

Krise oder nicht? Die Situation ist eine Zerreißprobe für Spaniens Jugend. Bild: dapd

PROTOKOLLE: SVENJA BERGT

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6 Kommentare

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  • C
    Christina

    Habe selten einen groesseren Bloedsinn gelesen... die Krise als Chance begreifen??? Vielleicht die ueber 50% arbeitslosen Jugendlichen?? Oder die Menschen, die auf der Warteliste fuer eine Operation stehen und dank der Sozialkuerzungen dort auch nach lange bleiben werden??? Oder die Eltern, die nicht genug Geld haben, um ihren Kindern die noetigen Schulbuecher zu kaufen, fuer die die Subventionen gestrichen worden sind?? Oder die Universitaetsdozentin, die gerade ihren Job verloren hat aufgrund der Kuerzungen im Bildungsbereich?? Ich lebe seit 6 Jahren in Spanien und das was gerade hier passiert ist nicht irgendeine Krise, sondern "Klassenkampf von oben". Bitte besser recherchieren und relevante Erfahrungsberichte zu Wort kommen lassen, irgendwelchen Unfug kann ich schon genug in den anderen deutschen Tageszeitungen lesen,

  • K
    Kika

    Ich lebe nun seit fast 5 Jahren in Barcelona und kann eigentlich auch nur Velmar zustimmen - die Krise als Chance zu begreifen und sich zu solidarisieren, passiert hier nicht wirklich. Der Nationalismus in Catalunya ist echt nervig. Statt gegen die Ursachen der Krise wirklich etwas zu unternehmen, will man sich "separieren". Und ich vermute mal das "Fussvolk" der Separatisten glaubt echt, dass durch die Unabhängigkeit all Probleme mit einem Schlag gelöst werden.

    Es gibt es die wirklichen Verlierer: die "Illegalen" und die Leute, die wirklich keine Unterstützung mehr bekommen und auf der Strasse leben müssen.

    Aber wenn man so durch Barcelona geht und all die leeren Wohnungen sieht, die nicht vermietet werden, um den Mietspiegel nicht zu senken und mitbekommt wie viele Familien dennoch mehr als eine Wohnung oder Haus besitzen, da fragt man sich doch, ob nicht einfach noch viel zu viele Leute einfach den "fetten Jahren" hinterher jammern, anstatt sich zu bewegen und eine etwas für ihre Gesellschaft, für Ihr soziales Umfeld in Gang zu setzen.

    Es mag sein, dass man sich hier in der Familie solidarich zur Seite steht, aber alles was darüber hinausgeht, wird in vielen Fällen ignoriert.

  • M
    Mexayna

    Ich muss tikikjang beipflichten.

    Aus Mexiko nach Spanien rübermachen, also nicht mal eine Fremdsprache lernen, und sich dann auch noch über diverse separatistische Bewegungen auslassen, ohne dass die eigene Familie die Geschichte erlebt hat, ist echt das letzte.

     

    Soll heissen, ist vielleicht abends beim Bier ok, aber WARUM zum GEIER muss ich das in der Taz lesen. Total unqualifiziert!

  • I
    Inga

    -Nicht alles, was spanisch spricht, ist mit 10 Geschwistern in einer Bambushütte aufgewachsen und hat barfuß zu herziger Volksmusik Zuckerrohr geerntet. Spanien liegt in Westeuropa und Mexiko in der dritten Welt -

     

    Bitte???? In Mexiko leben also alle mit 10 Geschwistern in Bambushütten? Du bist ein armseliger Rassist, ausserdem hat Mexiko schon lange nicht mehr den Status eines dritte-Welt-Landes sondern eines Schwellenlandes. Du bist anscheinend noch nie aus Deutschland rausgekommen.

  • M
    Maria

    Die Redaktorin musste zwei Personen aus Spanien gesucht haben. Velmar ist nicht in Spanien geboren, sondern ein Auswanderer aus Mexico, der gerade da wohnt. Und deswegen ist es ihm egal, noch wieder auszuwandern oder nicht. Schreiben Sie bitte die Nachrichten mit der richtigen Information und der richtigen Perspektive

  • T
    titakjang

    Entschuldigung, aber es ist nicht ok, hispanohablantes mit Spaniern zu vergleichen... es ist etwa so wie wenn man einen Deutschen und einen Spätaussiedler aus Kasachstan fragt, was sie von ihren Zukunftsaussichten und ihrem Lebensstandard in Deutschland halten.

     

    Nicht alles, was spanisch spricht, ist mit 10 Geschwistern in einer Bambushütte aufgewachsen und hat barfuß zu herziger Volksmusik Zuckerrohr geerntet. Spanien liegt in Westeuropa und Mexiko in der dritten Welt.