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ArbeitskampfFilipov rettet sein Leben

Harter Mann, ganz weich: Nach fünf Wochen Streik gibt der Atlas-Eigentümer allen inhaltlichen Forderungen der Gewerkschaft nach - ohne sie als Partner zu akzeptieren.

Der Chef gab den Eisklotz, die Arbeiter kamen mit Schneemann. Bild: dpa

Der ungewöhnlich harte Arbeitskampf bei den drei norddeutschen Werken des Maschinenherstellers Atlas geht nach fünf Wochen offenbar zu Ende. In der Nacht zum Freitag kam es zu einer Einigung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und Firmen-Eigentümer Fil S. Filipov, die diesem das Leben rettet. Obwohl sie nicht zur Verhandlung zugelassen wurde, ruft auch die Tarifkommission der IG-Metall die Belegschaft auf, den Kompromiss bei der Urabstimmung am Montag abzusegnen.

Formal gibt sie damit ihre Forderung nach einem Tarifvertrag für die 650 Beschäftigten formal auf, "aber nicht inhaltlich", wie der Gewerkschaftsbevollmächtigte Hartmut Tammen-Henke hervorhob. Ergebnis des Arbeitskampfes ist stattdessen eine sogenannte Gesamtzusage. Mehreren Urteilen des Bundesarbeitsgerichts zufolge ist die tatsächlich ebenso verbindlich, wie ein Tarifvertrag. Zudem erfüllt sie im aktuellen Fall die materiellen Forderungen der Gewerkschaft fast komplett - eine Lohnerhöhung um 2,7 Prozent im kommenden Frühjahr eingeschlossen. Allerdings bleibt es Filipovs Gattin Véronique erspart, ihren Gemahl zu erschießen. Denn das hatte der von ihr verlangt, sollte er "schwach werden", sprich: mit der Gewerkschaft verhandeln oder gar einen Tarifvertrag unterzeichnen.

"Das Ergebnis ist als Erfolg zu werten", sagte Tammen-Henke am Freitagmorgen. Aber auch die Arbeitgeberseite sieht sich als Sieger. So war es laut Gerhard Frerichs, Geschäftsführer der Delmenhorster Atlas-Dependance, in der ungewöhnlich erbitterten Auseinandersetzung vor allem um Symbole gegangen: Der Unterschied zwischen Tarifvertrag und Gesamtvereinbarung sei eben der, "dass sie kein Tarifvertrag ist", so Frerichs. "Wir haben keinen Vertrag mit der IG-Metall abgeschlossen." Bereits am 22. Oktober waren die Atlas-Mitarbeiter in Ganderkesee in Streik getreten, eine Woche später wurden die Werke in Vechta und Delmenhorst stillgelegt. "Wir hoffen, dass ab Montag wieder vernünftig gearbeitet wird", sagt Frerichs. Der Streik habe "ganz schöne Fronten in der Belegschaft" geschaffen.

Für die Eskalation hatte indes vor allem Filipov gesorgt. Bis Donnerstagmittag hatte er alle Gespräche mit der Gegenseite verweigert, die Streikenden vor den Werkstoren filmen lassen - und Kündigungen ausgesprochen. Die musste er nun zurücknehmen. Zugleich hatten seine starre Haltung und seine markigen Worte bundesweite Aufmerksamkeit auf das Spezialunternehmen für Kräne, Bagger und Baumaschinen-Zylinder gelenkt: Helga Schwitzer vom IG Metall-Bundesvorstand sah durch Filipov "die Grundwerte unserer demokratischen Verfassung" bedroht, SPD-Chef Sigmar Gabriel bezichtigte den Unternehmer, der 1964 aus Bulgarien über Griechenland in die USA geflohen war, der "Wildwest-Methoden". Und zuletzt drohte sogar Großkunde Siemens, die Zusammenarbeit einzustellen: Filipovs Brutalo-Vorgehen sei unvereinbar mit den eigenen Compliance-Regeln.

Atlas brauche weder "Druck von außen noch Einmischung von Gewerkschaften und Politikern", ließ der daraufhin ausrichten, "Atlas braucht einen Filipov". Erst im März hatte er das kriselnde Unternehmen für einen Euro erworben. Seither, so rühmt er sich, habe er Atlas um zehn Millionen bereichert.

Dass sie formal von den Verhandlungen ausgesperrt blieb, scheint die Gewerkschaft wenig zu kümmern. Faktisch habe man schließlich am Tisch gesessen, so Tammen-Henke: "Unser Gesamtbetriebsrat ist zu 100 Prozent in der IG-Metall organisiert." Zudem hatte der einen Auftrag von der Tarifkommission, die sich während der Gespräche im Nebenraum bereit hielt - und in Zweifelsfragen konsultiert wurde. Auch im Bundesvorstand sorgt man sich nicht, dass die Methode Filipov Schule macht: "Das ist schon ein ganz besonderer Fall gewesen", sagte Schwitzer zur taz. Gerade vor diesem Hintergrund sei das Ergebnis ein "großer Erfolg der Belegschaft". Sie erwarte ein "gutes Ergebnis bei der Urabstimmung".

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