: Arbeitsagenturen wollen jetzt Jobs vermitteln
Nach 100 Tagen Hartz gibt sich die Chefin der Arbeitsverwaltung in NRW, Christiane Schönefeld, selbstkritisch:Die Vermittlung von Jobs konnte kaum verbessert werden, und im Herbst droht eine neue Lehrstellen-Katastrophe
DÜSSELDORF dpa/taz ■ Die Agenturen für Arbeit haben 100 Tage nach dem Start der Arbeitsmarktreform Hartz IV eine selbstkritische Bilanz gezogen. Zwar sei das neue Arbeitslosengeld II termingerecht ausgezahlt worden, aber die eigentliche Kernaufgabe der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen sei noch kaum vorangekommen, so die Chefin der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen und damit des ehemaligen Landesarbeitsamts, Christiane Schönefeld.
„Möglichst viele Arbeitslose in eine Erwerbstätigkeit zu bringen, ist entscheidend. Ich sehe insbesondere dringenden Handlungsbedarf bei jüngeren Arbeitslosen. Da setzen wir jetzt an.“ Immerhin sei bei den Jüngeren ein weit besseres Betreuungsverhältnis erreicht. Inzwischen steht für jeweils 75 jüngere Arbeitslose ein Ansprechpartner zur Verfügung. Das Zusammenwachsen der Partner – Sozialämter und Agenturen für Arbeit – sei ein Zeit raubender und kritischer Prozess. „Zeit, die wir angesichts der hohen Arbeitslosigkeit aber nicht haben“, sagt Schönefeld. Landesweit müssten 44 Arbeitsgemeinschaften gebildet werden – bis jetzt seien aber erst 31 Verträge mit den Kommunen unter Dach und Fach. Einige Arbeitsgemeinschaften brauchten noch zusätzliches Personal. Generell habe die Reform den Blick auf die Unterbeschäftigung geschärft.
Auch die Zahl der Ein-Euro-Jobs ist bisher weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Statt mehrere 10.000 dieser Zuverdienstchancen sind im Land bisher etwa 11.000 solcher Jobs entstanden. Der Wert der Beschäftigung liege vor allem in der Disziplin, eine Aufgabe zu Ende zu bringen und mit den wiederkehrenden Problemen des Arbeitsalltags fertig zu werden. Das Interesse an Zusatzjobs sei bei älteren Arbeitslosen stärker ausgeprägt als bei Jüngeren. „Aber gerade bei den Jüngeren ist dieses Instrument sinnvoll, denn es verhindert, dass sie vom Arbeitsmarkt abdriften.“
Die Rekordarbeitslosigkeit von mehr als einer Million Menschen ohne Job in NRW spiegele nun auch die dramatische Situation bei den Jüngeren voll wider. Mit fast 130 000 jüngeren Arbeitslosen Ende Februar habe Hartz IV die harten Wahrheiten des Arbeitsmarktes schonungslos offenbart. „Viele, die bisher anderweitig versorgt waren, ohne dass sich ihr Beschäftigungs- oder Ausbildungsproblem tatsächlich gelöst hat, sind jetzt wieder sichtbar.“ Schönefeld appellierte an die Wirtschaft, die Agenturen stärker zu unterstützen.
Gerade auf dem Ausbildungsmarkt bahnt sich erneut eine äußerst schwierige Situation an. Schönefeld wies darauf hin, dass die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage von Lehrstellen wieder weit auseinander gehe. Bis Ende Februar hatten sich 97.200 junge Leute als Ausbildungsbewerber vormerken lassen, rund 5.000 oder fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Das Angebot an Ausbildungsstellen ging dagegen um 3.800 oder ebenfalls fünf Prozent auf 70.330 zurück. „Das sind natürlich nur Zwischenergebnisse, aber die Botschaft, dass der Ausbildungsmarkt in diesem Jahr sich nicht verbessert hat, ist deutlich.“