: Arbeit wird nicht geduldet
Das Ausländeramt Ratingen hat einem geduldeten Flüchtling die Arbeitserlaubnis entzogen. Dieser ist nun auf staatliche Unterstützung angewiesen. Solche Fälle häufen sich, so der Flüchtlingsrat NRW
VON DIRK ECKERT
Bis vor kurzem konnte Ramadhani Wam-Ata seinen Lebensunterhalt noch selbst verdienen. Von Beruf ist der 63-Jährige Dolmetscher, als geduldeter Flüchtling aus Sierra Leone nahm er auch Gelegenheitsarbeiten an und arbeitete als Putzkraft, als Zeitungsausträger oder dolmetsche auch schon mal für die Polizei.
Doch das war einmal. Zu Beginn des neuen Jahres und mit Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes hat das Ausländeramt Ratingen ihm die Arbeitserlaubnis entzogen. Ramadhani Wam-Ala, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, lebt seit elf Jahren in Ratingen. Künftig wird er nicht mal Arbeitslosengeld II bekommen, da er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, sondern nur geringfügige Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Auch für amnesty international hat Wam-Ala schon übersetzt. „Er war beteiligt an der Befreiung vor allem von afrikanischen politischen Gefangenen“, berichtet Erich Deil, Mitglied der Ratinger Gruppe von amnesty international. In Ungarn habe er beim Aufbau einer ai-Sektion geholfen. Und auch in Sierra Leone sei er für Menschenrechte aktiv gewesen. Nach einem Militärputsch habe er dann fliehen müssen. Sein Asylantrag sei nur deswegen abgelehnt worden, weil das Verwaltungsgericht Düsseldorf damals „nach der allgemeinen politischen Lage“ in dem Land urteilte, anstatt die persönlichen Gründe der Verfolgung zur Kenntnis zu nehmen, kritisiert Deil.
Für den 80-jährigen Menschenrechtsaktivisten ist das Vorgehen der Ratinger Ausländeramtes schlicht eine „Schikane“. Doch die Stadt, die nach ersten Presseberichten immerhin zugesagt hatte, den Fall Wam-Ala noch einmal zu prüfen, gibt sich hart. Bürgermeister Harald Birkenkamp (Bürger-Union) habe den Rat bereits informiert, sagt Silvia Schuster, Sprecherin des Stadtrates. Das Ergebnis der Prüfung: „Wir haben richtig gehandelt, wir mussten sogar so handeln“, sagt Schuster.
Sie verweist auf die neue Beschäftigungsverfahrensverordnung, eine Durchführungsbestimmung zum neuen Zuwanderungsgesetz. Dort heißt es in Paragraf 11, dass geduldeten Ausländern eine Arbeit nicht zu erlauben sei, wenn „aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können“. Gemeint seien damit etwa falsche Angaben über die Staatsangehörigkeit. Darauf berufe sich auch das Ausländeramt, so Schuster. Genaueres will sie aus Datenschutzgründen nicht sagen. Natürlich sei das „im Einzelfall unheimlich bitter“, wenn jetzt der Steuerzahler für den Lebensunterhalt des geduldeten Flüchtlings aufkommen müsse, räumt sie ein. Aber die Stadt habe da keinen Spielraum.
Menschenrechtaktivist Deil ist empört über solche Äußerungen. Nicht Wam-Ala sei Schuld daran, dass er nicht zurückkehren könne, sondern „der Staat, der ihn verfolgt“, argumentiert er. Deil fürchtet nun, dass das Ratinger Ausländeramt Wam-Ala und andere Flüchtlinge „loswerden“ will. Auch Dimitrios Vouros, der langjährige Vorsitzende des Ausländerbeirates, berichtet von anderen vergleichbaren Fällen und kritisiert das Vorgehen der Verwaltung. „Wir müssen doch mit diesen Leuten menschlich umgehen“, sagt er. „All das wirft kein gutes Licht auf das Ausländeramt und die Stadt Ratingen“, findet auch Manfred Evers von der Ratinger Linke. Er will jetzt versuchen, Betroffene zu organisieren.
Offenbar ist Ratingen kein Einzelfall. Der Flüchtlingsrat NRW beobachtet, dass derzeit in vielen Kommunen Flüchtlingen die Arbeitserlaubnis entzogen wird. „Die Fälle häufen sich“, sagt Geschäftsführerin Andrea Genten. Entweder würde das Arbeitsverbot direkt bei der Verlängerung der Duldung in derselben vermerkt, oder es würden sogar die Arbeitgeber aufgefordert, die Leute sofort zu entlassen.
„Das ist rechtlich abgesichert und politisch gewollt“, sagt Genten. Grundlage seien die gesetzlichen Neuregelungen: „Das ist Teil der Zermürbungsstrategie, um Flüchtlinge zur freiwilligen Ausreise zu drängen“. Gegenwärtig sei der Flüchtlingsrat noch dabei, entsprechende Fälle zu sammeln. Eine Strategie dagegen fehle noch, räumt sie ein. „Wir überlegen noch, wie wir reagieren können“, sagt Genten.