: Arbeit mit Tätern dient Opferschutz
betr.: „Pädophile sind keine Monster“, taz vom 2. 6. 05
Der Berliner Charité und ihrem Institut für Sexualmedizin ist zu danken, dass sie kostenlose Therapieplätze für pädophile Männer zur Verfügung stellt. Es ist in der öffentlichen Debatte des Kindesmissbrauchs vergessen worden, dass jede präventive Arbeit mit Tätern dem Schutz von Opfern dient. Und es ist wenig bekannt, dass schon längst bestehende Selbsthilfegruppen zunehmend in Misskredit geraten sind, Schwierigkeiten haben, Räume für ihre Treffen zu finden, weil sie verdächtigt werden, Tauschbörsen ihrer sexuellen Fantasien zu sein, und zu kriminellen Vereinigungen gestempelt werden.
Ich danke auch Cosima Schmitt für ihren wohltuend sachlichen Kommentar. Seit des (zornigen) unqualifizierten Ausrufs des Bundeskanzlers, der dafür plädierte, Sexualstraftäter „für immer wegzusperren“, haben auch die Medien die Emotionen angeheizt, anstatt die Bürgerinnen sachlich zu informieren. Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, wer diese Täter sind: Sind es nicht vielfach Väter, die bösen Onkels, die fremden Männer auf der Straße, die Kinder missbrauchen, sie quälen, sie töten? Sind es nicht in den meisten Fällen heterosexuelle Männer, die diese verbrecherischen Taten als Ersatzhandlungen ausführen? „Die wirklich Pädophilen“ sind es jedenfalls ganz selten. Auch denen muss geholfen werden; durch das Projekt der Charité wird ein Umdenken vielleicht jetzt ermöglicht.
HELGA KILLINGER, Gautin
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