: Arafat und Hussein finden zusammen
■ Das jordanisch-palästinensische Gipfeltreffen fordert gemeinsames arabisches Vorgehen in der Palästinafrage / Gesamtarabischer Gipfel verlangt / Sorge um Anwachsen radikaler Kräfte
Amman (adn) - Einen arabischen Dringlichkeitsgipfel noch vor dem Treffen Bush - Gorbatschow Ende Mai haben Jordaniens König Hussein und der PLO-Vorsitzende Jasser Arafat gefordert. Hauptthema soll die Einwanderung sowjetischer Juden nach Israel und in das besetzte Palästina sein, verlautete am Donnerstag nach zweitägigen Verhandlungen in Amman.
Die seit den 50er Jahren beispiellose Einwanderungswelle hat den Nahen Osten förmlich elektrisiert. Arafat und Hussein fühlen sich davon besonders betroffen. Abu Ammar, wie die Araber den PLO-Chef nennen, fürchtet vollendete Siedlungstatsachen auch in den besetzten Gebieten, womit einem Palästina-Staat die Grundlage entzogen würde. Journalisten rechnete er vor: 300.000 jüdische Einwanderer aus der Sowjetunion pro Jahr, das wären drei Millionen bis zum Ende dieses Jahrhunderts - ein „neues Israel“.
Hussein nannte die „Hijra“ (Auswanderung) „eine Bedrohung der arabischen Nation“. Die jetzt wieder öfter zu hörende These von Jordanien als Ersatzheimat der Palästinenser, gekoppelt mit Überlegungen zur Deportation der Bevölkerung der besetzten Gebiete, läßt ihn um die Stabilität seiner Monarchie fürchten.
Hussein und Arafat, die beide für Stabilität und Ausgleich mit Israel eintreten, sehen sich zudem mit der Gefahr konfrontiert, daß weniger kompromißbereite Kräfte unter den Palästinensern wieder Oberwasser gewinnen könnten, wenn die israelische Regierung unnachgiebig gegenüber den Forderungen der Intifada bleibt. Die vor allem im Gazastreifen einflußreiche islamische Bewegung „Hamas“ hat bereits eine härtere Linie und mehr Sitze im Palästinensischen Nationalrat, dem Exilparlament, gefordert. Auch die in Damaskus ansässige „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP), eine radikale Teilorganisation der PLO, ist Erklärungen zufolge gegen den geplanten israelisch -palästinensischen Dialog in Kairo.
Der jordanische König und der PLO-Chef haben bei ihrem jetzigfen Treffen vereinbart, die Arbeit des gemeinsamen politischen Komitees wiederzubeleben. Außerdem wird eine bilaterale Medienkommission gegründet, die der Weltöffentlichkeit den arabischen Standpunkt zur Palästinafrage besser verständlich machen soll.
Frank Herrmann
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