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Anschauungsmaterial für Juristen

■ US-Serie „L.A. Law“ erfreut sich unter Fernsehzuschauern, Kritikern und Anwälten großer Beliebtheit

Den Termin der alljährlichen Verleihung des US-amerikanischen Fernsehpreises „Emmy“ halten sich Produzenten und Schauspieler der Fernsehserie L.A. Law möglichst frei. Seit die Kanzleigeschichten im Oktoger 1986 auf Sendung gingen, nehmen die Beteiligten regelmäßig Branchen-, Publikums- und Kritikerpreise in Empfang, zuletzt 1990, als die Serie zur „Best Drama Series“ gekürt wurde, Jimmy Smits zum besten Schauspieler in einer Nebenrolle und David E. Kelly für das beste Episodendrehbuch.

Entworfen wurde diese Ausnahmeserie von Steven Bochco, der mit Hill Street Blues bereits eine ähnlich hochrangige Sendereihe konzipiert hatte, zusammen mit Terry Louise Fisher, die als Produzentin von Cagney und Lacey (montags auf SAT1) fungierte. Im Mittelpunkt der zahlreichen parallel laufenden Handlungsstränge stehen die Mitarbeiter der Anwaltskanzlei McKenzie, Brackman, Chaney & Kuzak. Zum Alltag der Bürogemeinschaft gehören verzwickte Rechtsfälle ebenso wie persönliche Probleme. Die Hauptfiguren sind keine Übermenschen wie die Superanwälte geläufiger ,Court-Room‘-Serien, sondern haben ganz menschliche Sorgen, Eitelkeiten, Schrullen und Bedürfnisse. Auch untereinander kommt es durchaus zu Konflikten. Beispielsweise leidet der hispanische Anwalt Sifuentes unter der Tatsache, seinen Job allein einer Quotierung zur Förderung ethnischer Minderheiten zu verdanken. Sein Ringen um die Anerkennung seiner beruflichen Fähigkeiten durch die Kanzleigesellschafter zieht sich durch zahlreiche Episoden. Bochco und Fisher scheuten auch nicht davor zurück, einen Behinderten in das Serienpersonal aufzunehmen — für das an die Bilderbuchmenschen aus ,Soap Operas‘ wie Reich und Schön, Baywatch oder Denver Clan gewöhnte amerikanische TV-Publikum eine höchst ungewöhnliche Besetzung. Die Rechtsfälle, die von den AnwältInnen der Kanzlei übernommen werden, drehen sich selten um spektakuläre Verbrechen, sondern um den ganz alltäglichen Kleinkram ebenso wie um brisante Themen, etwa die berufliche Benachteiligung Behinderter, Rassismus, Vergewaltigung etc. All das wird dramaturgisch geschickt verknüpft und ohne moralischen Zeigefinger, ohne Sozialarbeitermentalität unterhaltsam und mit viel Witz in Szene gesetzt.

Die Realitätsnähe der geschilderten Rechtsfälle belegt ein Artikel der 'Herald Tribune‘, wonach L.A. Law für US-amerikanische Juristen ein ernsthaftes Thema ist. So forderte der prominente Rechtsanwalt Neil T. Shayne die Verschiebung eines anstehenden Prozesses, weil kurz zuvor seine Kollegen vom Fernsehen einen ähnlichen Fall verhandelt hatten und er befürchtete, die Geschworenen könnten sich dadurch beeinflussen lassen. Seinem Antrag wurde stattgegeben. In Miami nutzt ein Jura-Dozent einzelne Folgen des Fortsetzungsdramas als Lehrmaterial, besonders kontroverse Fälle werden in Fachzeitschriften erörtert und die 'Legal Times of Washington‘ bringt jede Woche eine Zusammenfassung der jeweiligen L.A. Law-Episode eigens für Anwälte, die die Sendung versäumt haben. Harald Keller

L.A. Law läuft jedweils dienstags gegen 23.00 Uhr bei RTLplus.

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