piwik no script img

AnneHaeming Der Wochenendkrimi Callboy für die Luxus-Ladys

Wer gegen kurz nach halb elf am Sonntagabend zwischen ARD und Sixx hin- und herzappt, wird sehr ähnliche Bilder sehen: Männer, die ihre durchtrainierten, nackten Oberkörper in die Kamera halten. Im einen Fall sind es deutsche und ukrainische Fußballer, die ihr erstes EM-Match hinter sich haben und erleichtert ihre verschwitzten Trikots von sich reißen. Im anderen Fall ist es: Richard Gere. Keine Sorge – in der formvollendeten 1980er-Version. Ja ja, okay, okay, wir hören schon auf, Männer zu Objekten zu degradieren.

Aber die Krimi-Alternative ist wirklich gut platziert: Während sich alle anderen mit Blabla-Sportreporter-Phrasen quälen, kann man sich anderswo gepflegt „American Gigolo“ reinziehen. Im Off Wellenrauschen und Wind, der durch Palmen pustet (in Lille zur gleichen Zeit laut Vorhersage: etwa 15 Grad und Regen). Dazwischen Julian Kaye, Callboy in Los Angeles, der sich meist von älteren Luxus-Ladys anheuern lässt. Nach 30 Minuten merkt man dann, wie sehr einen das gängige TV-Krimi-Skript prägt: es gibt immer noch keinen Toten. Keine, um genau zu sein. Dann wird eine von Julians Klientinnen ermordet. Ihm will man’s anhängen. Also sucht er den Täter selbst.

Drehbuchautor und Regisseur Paul Schrader („Taxi Driver“!, „Raging Bull“! und gerade in Cannes mit dem Ex-Knacki-Pulp-Thriller „Dog Eat Dog“ mit Willem Defoe und Nicolas Cage) hat Julian zwei Storylines gegönnt: hier Mord, Tatverdacht und ein hartnäckiger Kommissar Sunday (Hector Elizondo). Dort eine Liebesgeschichte, diesmal unbezahlt, dafür mit Senatorengattin (Lauren Hutton).

„Ein Mann für gewisse Stunden“ ist der deutsche Titel. Manchmal die einzige Rettung, um 24 Typen für anderthalb Stunden aus dem Weg zu gehen. Auch wenn man dazu sagen muss: Was 1980 als „Thriller“ galt, naja.

„American Gigolo“,22.35 Uhr, Sixx

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen