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Anne Kauf verteidigt Wowereit"Wer sollte es sonst machen?"

Juso-Chefin Anne Knauf verteidigt Klaus Wowereit gegen Kritik an seinen bundespolitischen Ambitionen. Für sie ist er als Spitzenkandidat 2011 schon gesetzt.

Interview von Stefan Alberti

taz: Frau Knauf, Klaus Wowereit will heute beim Bundesparteitag in Dresden Vizechef der SPD werden. Ist das gut oder schlecht für die Berliner SPD?

Anne Knauf: Das ist gut für die SPD in Gänze und nicht schlecht für den Berliner Landesverband.

Und warum?

Der Gesamtpartei geht es doch ziemlich schlecht, die Niederlage bei der Bundestagwahl war eine schallende Ohrfeige. Sie hat aber einige Leute wachgerüttelt und gezeigt: Wir müssen eine inhaltliche Debatte führen, eine strukturelle, aber eben auch eine strategische: Mit wem sollte die SPD in den nächsten Jahren zusammenarbeiten? Da sind die Erfahrung mit der rot-roten Koalition in Berlin sicher hilfreich.

Dumm bloß, wenn Wowereits eigener Landesverband mit seinen sinkenden Umfragewerten den Preis dafür bezahlen muss. Er selbst ist als Regierender Bürgermeister so wenig beliebt wie noch nie - und immer mehr Ihrer Genossen erklären sich das damit, dass er auf Landesebene zu wenig präsent sei.

Der Zusammenhang ist mir zu einfach. Ich glaube nicht, dass es so ist. Wir leiden in Berlin immer noch unter dem negativen Bundestrend der SPD. Wir müssen allerdings an unserer Performance arbeiten.

Performance?

Auch in Berlin muss deutlich werden, was die Linien sozialdemokratischer Politik sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn jetzt über die Planungen am Mauerpark geredet wird, darf es nicht so aussehen, als wären uns die Interessen der Anwohner egal. Da hat die SPD auf Antrag der Jusos hin beschlossen, dass nicht Verwertungsinteressen, sondern die Lebensqualität und der soziale Zusammenhalt im Vordergrund stehen muss. Innerparteilich müssen wieder vernünftig kommunizieren. Wir müssen streiten, ja, aber nicht immer in den Medien, sondern in der Partei.

Wer doch zu wenig mit der Partei kommuniziert, ist Wowereit selbst. Bis zuletzt hat er etwa an seinem Wunschprojekt Kunsthalle festgehalten, vergangene Woche ist er in seiner Fraktion gescheitert.

Ich bin nicht in der Fraktion und kann diesen konkreten Punkt nicht beurteilen. Wenn ich aber an den jüngsten Landesparteitag denke, dann hat Klaus Wowereit dort etwas gemacht, was ich mir von vielen anderen bislang vergeblich wünsche: Er hat sich hingestellt und gesagt, er habe sich geirrt und hat das am Beispiel Studiengebühren festgemacht.

Das hat allerdings nach außen nichts gebracht. Wowereit ist in der jüngsten Umfrage noch stärker abgestürzt als seine Partei.

Dass die Studiengebührenfreiheit, für die wir Jusos uns immer eingesetzt haben, nichts gebracht hat, würde ich nicht sagen. Sie ist zu einem Markenzeichen der SPD in Berlin geworden. Langfristig kommt es auf glaubwürdige sozialdemokratische Inhalte an. Im Wahlkampf hatte ich übrigens gar nicht das Gefühl, dass die Leute keinen Bock mehr auf Klaus Wowereit haben.

Im Bundesvorstand hat er für seine Kandidatur als Parteivize nur knapp 60 Prozent bekommen. Werden ihn denn die Jusos an diesem Freitag stützen?

Davon gehe ich aus. Wir Jusos haben auch durch einen eigenen Antrag deutlich gemacht, wie wir uns die Erneuerung der Partei vorstellen. Wir müssen in den Fragen der sozialen Gerechtigkeit wieder glaubwürdig werden. Darum sollte es auf dem Parteitag gehen. Das Ergebnis von Klaus Wowereit im Parteivorstand würde ich nicht überbewerten. Grundsätzlich gilt doch: Ein Kandidat ist nicht dann gut, wenn er Everybodys Darling ist.

Everybodys Darling ist auch Everybodys Depp, aber das stammt von Franz-Josef Strauß.

Es gehört zum Geschäft, dass man Leuten auf die Füße tritt. Auf Bundesebene hat die Berliner SPD gemeinsam mit Michael Müller und Klaus Wowereit in entscheidenden Fragen eine konsequente Position bezogen. Wir haben uns etwa gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz ausgesprochen und die Bahn-Privatisierung abgelehnt. Da war die Berliner SPD ziemlich renitent. Das hat bestimmt nicht allen in der Partei gefallen.

Diese renitente Berliner SPD liegt in den zitierten Umfragen gerade mal bei 20 Prozent. Wie tief darf sie rutschen, bevor sich personell etwas ändern muss?

Das ist für mich keine Frage des Personals, sondern der Inhalte: Wir müssen stärker zeigen, was sozialdemokratische Politik hier bewirken kann. In Zukunft müssen wir zum Beispiel über das Thema Kinderarmut intensiver reden. Nur zu sagen, dass wir die Erhöhung der Kinderfreibeträge für Reiche ablehnen, reicht nicht.

Das klingt so, als sei Wowereit für Sie als erneuter Spitzenkandidat bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 gesetzt.

Das ist so. Auch damit er solche Diskussionen in die Bundespartei tragen kann. Ich sehe nicht, wer das sonst machen sollte.

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