Anne Haeming Der Wochenendkrimi : Irgendwie endzeitlich
Aha, so sieht es also aus, wenn man Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker „Blade Runner“ in den neunziger Jahren spielen lässt. Es ist alles dabei: der mit den Nerven fertige Ex-Cop (Ralph Fiennes statt Harrison Ford), das Labyrinth Los Angeles, sirenengleiche Frauen (Juliette Lewis statt Daryl Hannah), und Erinnerungs-Transplantationen gibt’s auch. Und obendrauf ist der Film nonstop irgendwie schmuddelig, düster und durcheinander. Endzeitstimmung eben. Da drehen die Menschen durch.
Kein Wunder, wir befinden uns in der hysterischen Millenniums-Apokalypse: Die letzten Tage von 1999 sind fürwahr „Strange Days“. Wirklich, Regisseurin Kathryn Bigelow hat es super geschafft, dieses Chaos abzubilden. Der Film erschien schon 1995, war also ein Science-Fiction-Projekt. Geerbt hatte sie das Script von ihrem Exmann James Cameron. Bigelow?, werden Sie jetzt sagen, Moment … Genau, 2010 bekam sie für „The Hurt Locker“ den Regie-Oscar, als erste Frau.
Dieser Bombenentschärferfilm war schon nervenzerfetzend, aber „Strange Days“ ist auf eine ganz andere Art brutal. Das liegt an den Filmclips, die Ex-Cop Lenny (Fiennes) vertickt. Gewaltgeladene Aufnahmen, die Täter mit einer bizarren Technik selbst filmen, während sie einbrechen, schießen, prügeln. Clips, die sich andere wie eine Droge reinziehen. Als Lenny einen Snuff-Clip zugespielt bekommt, in dem jene Frau vergewaltigt und ermordet wird, die ihn zuvor warnte, weil sie Cops beim Morden erwischte, macht er sich auf die Suche nach den Tätern. Zusammen mit der knallharten Mace, einem Bodyguard wie eine Kampfmaschine, gespielt von der großartigen Angela Bassett. Die Zeit drängt, Lennys große Exliebe (Lewis) scheint mittendrin zu stecken.
Der Film macht Kopfschmerzen, was auch am permanenten E-Gitarren-Dröhnen liegen mag. Aber wenn Juliette Lewis singt, ist alles gut.
■ „Strange Days“; Samstag, 22.30 Uhr, ZDFneo