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Anna Klöpper Der WochenendkrimiSherlock mal anders: Ein genialer Irrer im dreiteiligen Anzug, und Dr. Watson ist eine Frau

So schön britisch und so schön weiblich: Sherlock (Jonny Lee Miller) und Joan (Lucy Liu) Foto: CBS Television

Natürlich läuft der einzige echte Krimi an diesem Wochenende um 20 Uhr in der ARD: Deutschland gegen Schweden, das zweite WM-Vorrundenspiel. Die Stunden vor dem Anpfiff sind lang, man hat also Zeit, sich beim Warten die Fingernägel abzukauen und vielleicht, warum nicht, sich dabei ein paar Folgen „Elementary“ reinzuziehen.

„Elementary“, das ist diese Sherlock-Holmes-Serie, die inzwischen in den USA in die sechste Staffel geht und hier seit 2013 ausgestrahlt wird. Vor einigen Jahren gab es mal ein regelrechtes Holmes-Revival: Erst die beiden Guy-Ritchie-Filme mit Jude Law als Dr. Watson und Robert Downey Jr. als Holmes, dann brachte auch noch die britische BBC eine Serie mit Benedict Cumberbatch an den Start.

„Elementary“ geht nun einerseits wenig zimperlich mit dem klassischen Stoff um. Die Handlung wird vom alten England in die neue Welt verlegt: Holmes (Jonny Lee Miller) kehrt nach dem traumatischen Tod seiner Frau Scotland Yard den Rücken zu, lässt sich in einer New Yorker Entzugsklinik zunächst von seiner Heroinsucht kurieren und heuert dann als genialer Joker im Police Department an. Und Dr. Watson ist erstmals in der Filmgeschichte eine Frau: Lucy Liu spielt Holmes Suchtberaterin, die nach und nach zu seiner Assistentin wird.

Schöne Ideen, zugleich ist man bei der Interpretation von Holmes konservativ geblieben: Das Genie, das immer hart am Wahnsinn balanciert. Hier ist es das Heroin, das Holmes immer wieder beinahe zum Absturz gereicht.

Man wundert sich also ein bisschen, warum bei „Elementary“ der Funke nicht so recht überspringt. An Tommy Lee Miller kann es nicht liegen, der ist wirklich toll, wie er da als genialer Irrer in seinem dreiteiligen Anzug very British im New Yorker Polizeirevier herumsteht und so altmodisch redet, als sei er einem Roman zur Zeit seines Schöpfers Arthur Conan Doyle entsprungen.

Vielleicht liegt es daran, dass sich schnell eine Art Atemlosigkeit einstellt: Jede Folge verhandelt in knapp 45 Minuten einen Fall. Zwar gibt es übergeordnete Erzählstränge, zum Beispiel Watsons wütenden Kampf gegen die Matriarchin eines Drogenkartells, der sich zu Beginn der dritten Staffel (ab 17.30 Uhr) über mehrere Folgen zieht. Aber „Elementary“ konzentriert sich weder darauf, seinen Figuren richtig Tiefe zu geben, noch baut es eine Handlung langfristig auf. Irgendwie fehlt da doch das letzte bisschen Raffinesse. Hoffen wir, dass sich über den anderen Krimi des Abends Besseres sagen lässt.

„Elementary“, Sa., ab 17.30 Uhr, Kabel 1

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