Anlegerschutz soll greifen: Neue Hoffnung für Lehman-Opfer
Wird die Citibank Zertifikatekäufern nun doch eine Entschädigung anbieten? Und für wen lohnt es sich, auf das Angebot zu warten?
BERLIN taz | Wer über die Citibank Lehman-Zertifikate gekauft hat, kann möglicherweise bald mit einem Entschädigungsangebot rechnen. Verhandlungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit dem Finanzinstitut sollen kurz vor dem Abschluss stehen. Beide Seiten bestätigten der taz, dass derzeit "Gespräche stattfinden". Georg Trüber von der Verbraucherzentrale sagte, es könne "nicht mehr sehr lange dauern", bis es ein offizielles Ergebnis gebe.
In Deutschland hatten mehr als 40.000 Anleger insgesamt rund 750 Millionen Euro in Zertifikate der US-Bank Lehman Brothers investiert - und bei deren Pleite alles verloren. Die Geschädigten haben sich in Interessengruppen organisiert. Sie monieren, dass die Bankangestellten sie falsch beraten und ihnen die Zertifikate als sichere Geldanlage verkauft hätten. Immer mehr ziehen deshalb vor Gericht. In der vergangenen Woche hatte das Hamburger Landgericht eine mit Spannung erwartete Entscheidung im Prozess eines 64-jährigen ehemaligen Lehrers gegen die Hamburger Sparkasse vertagt.
Weil drei Viertel der Lehman-Zertifikate in Deutschland von der Citibank verkauft wurden, hatte die Verbraucherzentrale NRW dieser schon im Februar mit einer Strafanzeige gedroht - offenbar mit Erfolg.
Über Details einer möglichen Entschädigung lässt sich nur spekulieren. Anwälte, die Lehman-Geschädigte vertreten, gehen davon aus, dass sich die Citibank an dem Angebot der Crédit Suisse orientiert. Die Schweizer Großbank hatte im Januar rund 2.000 Anlegern, die mehr als die Hälfte ihres Vermögens mit Lehman-Zertifikaten verloren hatten, insgesamt um die 66 Millionen Euro gezahlt. Im April einigte sie sich mit der Verbraucherschutzorganisation FRC darauf, weiteren 1.700 Kunden ein Rückkaufangebot über 50 bis 70 Prozent des Nominalwertes zu machen.
Der Bremer Rechtsanwalt André Ehlers riet Anlegern, Entschädigungsangebote genau zu prüfen. "Wem keine Verjährung droht, der sollte jetzt erst einmal abwarten, was kommt", sagte er der taz. Ansonsten sei ein Angebot vor allem für die Geschädigten interessant und wichtig, denen "Zeit, Geld und Nerven" für einen Prozess fehlten - oder die Beweise, dass sie falsch beraten wurden. "Bei einer guten Beweislage dagegen bedeutet eine Entschädigung von 50 Prozent immer noch einen Verlust von 50 Prozent." BEATE WILLMS
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