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Anklage will Freispruch für „Antifa“

■ Staatsanwälte fordern Freispruch für „Antifa–Gruppe“ / Anklagepunkte seien nicht nachweisbar / Zweifelhafte Kronzeugen–Aussage / Staatsanwaltschaft kapitulierte bereits in einem früheren Verfahren

Düsseldorf (dpa/taz) - Rund 300 Seiten war die Anklageschrift stark - doch jetzt plädierten auch die beiden Staatsanwälte für Freispruch. Nach Darstellung der Vertreter der Anklage ist den acht Männern und zwei Frauen im Alter von 24 bis 34 Jahren nicht nachzuweisen, daß sie eine „terroristische Vereinigung“ gründeten. Nach zwölftägiger Hauptverhandlung wird das Urteil vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in der kommenden Woche erwartet. Auch sei nicht nachweisbar, daß die Gruppe für mehrere Brandanschläge und Farbschmierereien zwischen 1979 und 1981 verantwortlich ist. Bereits vor drei Jahren hatte der Vorsitzende Richter ein Verfahren gegen die Gruppe mangels Beweisen abgewiesen. Der Generalstaatsanwalt war je doch mit einer Beschwerde erfolgreich, nachdem sich ein „Kronzeuge“ aus dem Umfeld der Gruppe gemeldet hatte. Der Prozeß hatte Aufsehen erregt, weil die nordrhein–westfälischen Behörden versuchten, mit Hilfe eines Kronzeugen zu einer Verurteilung der Antifa–Gruppe zu gelangen, obwohl sich die nordrhein–westfälische Landesregierung offiziell gegen eine Kronzeu genregelung ausgesprochen hatte. Der als Kronzeuge angeworbene 32jährige Günter Pokorny wurde von Verfassungsschützern und Polizeibeamten mit kleinen Geldgeschenken, Hafterleichterungen und vagen Versprechen gefügig gemacht. Der Vorbestrafte war wegen des Besitzes von 200 Gramm Haschisch festgenommen worden. Nach seiner „Kollaboration“, wie Pokorny die Zusammenarbeit mit den Behörden später nannte, konnte er das Gefängnis verlassen. Als der Richter Klaus Arend ein ergänzendes Verhör verlangte, schrieb ihm das LKA, die „Gewährsperson“ habe zur“ Struktur der Vereinigung erschöpfend ausgesagt“ und lehne jede weitere Aussage kategorisch ab. Tatsächlich hatte Pokorny im Mai seine Aussage widerrufen.

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