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Angriff auf Schwulenzentrum in Tel AvivBlutbad im Club

Die homosexuelle Szene in Israel steht unter Schock. In einem Schwulen- und Lesbenzentrum in Tel Aviv hat ein Unbekannter wild um sich geschossen und zwei Menschen getötet. Er flüchtete zu Fuß.

Mitglieder der Schwulen- und Lesbencommunity in Tel Aviv gedenken der Toten. Bild: dpa

JERUSALEM ap/dpa | Ein vermummter und mit einer Pistole bewaffneter Mann hat in einem Club für schwule Jugendliche in Tel Aviv ein Blutbad angerichtet. Der Täter tötete laut Polizeiangaben am Samstagabend zwei Menschen und verletzte elf weitere, bevor er zu Fuß flüchtete.

Hunderte Polizisten durchsuchten nach dem Angriff Haus für Haus in der Umgebung. Straßenblockaden wurden errichtet und ein Hubschrauber eingesetzt.

Der laut Augenzeugen ganz in Schwarz gekleidete Mann betrat den Club "Café Noir", zog seine Waffe und feuerte in alle Richtungen, wie die Polizei mitteilte. Dann steckte er die Pistole ein und lief davon.

Die Polizei geht von einem Hass-Anschlag gegen die Schwulenszene in der Stadt aus. Tel Aviv gilt in Israel als Hochburg der Homosexuellen. Schwule und lesbische Repräsentanten äußerten nach dem Angriff Entsetzen und Sorge.

"Das war eine Tat voller Hass, ein geplantes Verbrechen", sagte der Augenzeuge Janiv Weisman dem Fernsehsender Kanal 10. Die Opfer seien sehr jung gewesen. Der Club im Keller des Sitzes des Verbandes der Schwulen und Lesben sei bei Jugendlichen sehr beliebt gewesen. Bei den beiden Toten handelte es sich um ein 17-jähriges Mädchen und einen 24-Jährigen Jugendleiter.

Der Abgeordnete Nitzan Horowitz, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, sprach von einem Hassverbrechen und dem bislang schwersten Anschlag auf die Schwulenszene in Israel. Er verurteilte die Tat als Angriff auf unschuldige Jugendliche. "Wir stehen alle unter Schock", sagte er.

Polizeisprecher Micky Rosenfeld erklärte, es handele sich höchstwahrscheinlich nicht um einen terroristischen Hintergrund. Tel Aviv ist für seine liberale Haltung gegenüber Homosexuellen bekannt. Im konservativeren Jerusalem kommt es jedoch öfter zu Auseinandersetzungen zwischen Schwulenaktivisten und Ultraorthodoxen.

Die ultraorthodoxe Schas-Partei verurteilte die Bluttat von Tel Aviv. Die israelische Oppositionsführerin Zipi Livni zeigte sich schockiert. Mit dem Ruf nach Toleranz und im Gedenken an die Opfer kamen noch in der Nacht zum Sonntag tausende Menschen in Tel Aviv zu einem spontanen Trauermarsch zusammen.

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9 Kommentare

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  • E
    emma

    und @ karmen

     

    "Sicher eine Fehlmeldung. Kann dort gar nicht passieren. In Israel, so wird uns immer suggeriert, sind doch nur die guten.

    Beileid für die Opfer + Angehörige."

     

    was willst du eigentlich mit deinem kommentar ausdrücken, oder was motiviert dich, diesen anlass als israel-bashing zu missbrauchen?

     

    und was heißt hier, "UNS" wird suggeriert?

    woher nimmst DU, das in israel nur die guten seien, wer sagt denn sowas (wär wohl zu offensichtlich, würdest du sagen, dass meinte der zentralrat der juden oder die mainstreammedien, die von juden manipuliert sind o.ä.). aber nein, du bist aufgeklärt und versteckst dich lieber (und taktisch) hinter solchen formulierungen, um deiner "israel-kritik" ausdruck zu geben, um mal einfach deine meinung zu sagen...

     

    dein beileid nehme ich dir mit deinem kommentar dazu so nicht ab, vielmehr verstehe ich dein mitleid (unter diesen vorzeichen) als blanken zynismus bzw. sarkasmus. und damit eigentlich als hohn ggü. den opfern und ihren angehörigen...

  • E
    emma

    @ sara

     

    was heißt hier "typisch für diese heterogesellschaft" ? hat nur die israelische gesellschaft damit so ein problem (doppelter standard), und woanders da läufts vorbildlich im umgang mit homo, bi oder transsexuellen menschen, oder was...? wohl eher typisch für dich und traurig genug, dass du diese schrecklichen morde als anlass zu deinem israel-bashing missbrauchst!

     

    "Ein kleingeistiger Hetero, der es nicht ertragen kann, dass es Menschen gibt, die anders denken und fühlen, als er." würdest es wohl gerne so sehen mit deinem weltbild (was auch immer dieses ausmachen soll, ich kenn dich ja nicht, aber wenn du so was von dir gibts, so wunder dich nicht um das echo). deine vermutung (oder besser: deine pauschale vorverurteilung) ist ja eben auch nicht unbegründet. warst du dabei oder kennst du den täter (oder wars wohlmöglich eine täterin)?

    ich frage mich, wer hier eigentlich kleingeistig ist. und ist in diesem fall die rede von kleingeistigkeit nicht sehr verharmlosend?

     

    was willst du sonst und eigentlich noch mit deinem nebulösen kommentar sagen?

     

    so groß ist sibirien auch wieder nicht...

     

    ich hab kein verständnis für kommentare wie deinen...würde mich nicht wundern, würdest du dich selbst als (post-feministische und butler liebende?) anti-zionistin oder "israel-kritikerin" bezeichnen...

  • SS
    stefanie stöttgen

    Liebe taz. Bitte mehr Sprachgenauigkeit! "Schwul" ist kein Synomym für Homosexuelle. Da gibt es nämlich auch homosexuelle Frauen. Und es war in Tel Aviv kein Club nur für schwule Jugendliche sondern für schwule und lesbische. Also schreibt das bitte auch so.

     

    Danke.

  • S
    schwarzwaldbub

    „Liebe ist erlaubt - Töten ist verboten“

    (Auf einem Plakat der Demonstration vom gestrigen Abend in Tel Aviv)

     

    Ich bin gespannt, ob das Massaker rechten Politiker/inn/e/n und schwulenfeindlichen Religionsführern hier und in Israel die Augen darüber öffnet, wohin Homophobie führt – nämlich genau dahin, wo Rassismus und Antisemitismus uns auch bringen: Mord und Totschlag.

     

    Manfred Bruns vom LSVD (Lesben- und Schwulen-Verband in Deutschland) erklärte heute: „In unsere Trauer mischt sich die Furcht, dass sich so etwas auch bei uns ereignen könnte. Angriffe und Überfälle auf Lesben und Schwule nehmen wieder zu.“

     

    Ich bin entsetzt, traurig und sehr sehr zornig.

  • S
    Stefan

    Hallo Sara, wer sagt denn, dass ein Heterosexueller das Blutbad angerichtet hat??

    Genauso gut kann es selbst ein Homosexueller voller Selbsthass in Anlehnung der Projektion (ich kann es nicht eingestehen, dass ich selber schwul bin also muss ich mich schützen und gegen diese Lebensart kämpfen) gewesen sein. Und das ist ja gerade das Groteske daran. Aber leider tritt so etwas häufiger auf. Und daran sind das Fehlen von Aufklärungen schuld.

     

    Wenn sich doch einfach mal ALLE Homosexuellen und Bisexuellen (die meiner Meinung nach sogar noch weniger Akzeptanz bekommen) mit einem Mal auf der ganzen Welt outen würden, dann wäre es ein Thema von gestern. Schade, dass sich nur maximal ein Drittel von denen traut...

  • J
    Just.a.nuhb

    "Mal wieder typisch für diese Heterogesellschaft. Ein kleingeistiger Hetero, der es nicht ertragen kann, dass es Menschen gibt, die anders denken und fühlen, als er. Schade, das es keine Zwangstherapien gibt. Einsperren bis zum St.Nimmerlandstag und Steine u. Eis klopfen lassen in Sibirien. Ich habe kein Verständnis mehr für diese kranken Arschlöcher, die anderen Menschen Schaden zufügen. Traurig!"

     

    Willkommen in der Welt des Extremismus, Sara.

    Ich freue mich wirklich, dass du keine Zwangskastration oder Todesstrafe für diese Menschen forderst - das höre ich im Bezug auf Kinderschänder & co ständig.

    Nein, ich heiße das nicht gut und nein, ich möchte das nicht verharmlosen. Ich möchte nur, dass gesunder Menschenverstand benutzt wird und das Leben als Leben geschätzt wird. Die Katze ist aus dem Sack, das Kind in den Brunnen gefallen, die Opfer tot und der Schaden angerichtet - und sicherlich muss der Täter zur Rechenschaft gezogen werden - aber warum so?

    Der Mensch, der diese Tat begangen hat, war wohl der Meinung es tun zu müssen und er tat in seiner subjektiven Sichtweise genau das, was er für richtig hielt. Ihn jetzt lebenslang wegzusperren ist allerhöchsten präventiv sinnvoll, wie steht es aber mit den anderen Menschen, die denken wie er?

    Für mich bedeutet dieser Anschlag vor allem eines: Wir brauchen mehr Toleranz. Andere Ansichten zu akzeptieren ist wichtig, darüber zu reden und sich auszutauschen auch - aber eine Meinung aufzudrängen kommt mir bekannt vor, muss ich in der deutschen Geschichte doch nur ~70 Jahre zurück blicken - wohl bekanntestes Beispiel von vielen existierenden.

    So etwas ist, finde ich, immer schlecht. Es ist ein Extrem und Extreme haben die Angewohnheit nur sich selbst anzuerkennen, jedoch nichts anderes.

    Ich gehe mit der Hoffnung durchs Leben, dass die Menschheit es schafft sich über Zuckerbrot und Peitsche zu erheben, aber ich hege den Verdacht - gerade wenn ich solch einen Kommentar lese - dass ich dies nie selbst miterleben werde.

    Schade eigentlich, sind wir doch die selbsterklärte Krone der Schöpfung.

  • K
    Karmen

    Sicher eine Fehlmeldung. Kann dort gar nicht passieren. In Israel, so wird uns immer suggeriert, sind doch nur die guten.

    Beileid für die Opfer + Angehörige.

  • S
    Sara

    Mal wieder typisch für diese Heterogesellschaft. Ein kleingeistiger Hetero, der es nicht ertragen kann, dass es Menschen gibt, die anders denken und fühlen, als er. Schade, das es keine Zwangstherapien gibt. Einsperren bis zum St.Nimmerlandstag und Steine u. Eis klopfen lassen in Sibirien. Ich habe kein Verständnis mehr für diese kranken Arschlöcher, die anderen Menschen Schaden zufügen. Traurig!

  • H
    Hartmut

    Wenn jetzt alle Schwulentreffs geschlossen werden, hat der, vermutlich religöse Fanatiker, sein Ziel zum Teil erreicht. Hinzuzufügen ist noch, dass der Täter weiterhin versuchte zu morden, in einer Schwulenbar, bei der er allerdings nicht am Wachpersonal vorbeikam (laut Spiegel).

    Besonders schlimm, dass diese Tat auf der liberalen, weltoffenen Insel des Nahen Ostens Tel Aviv geschah.

    Ich bete für die schwulen palästinensischen Flüchtlinge in Tel Aviv, von denen die meisten auf der Strasse leben und dort anschaffen gehen, um zu überleben. Sie bleiben auch der Schließung aller Schwulenbars Tel Avivs leichte Beute für Fanatiker. Besonders wenn homosexuelle Einrichtungen geschlossen werden, die oft einziger Anlaufpunkt für sie sind.

    Vielleicht hat diese Schandtat etwas Gutes und im Fahrwasser dieser Nachricht, wird über die schwulen palästinensischen Flüchtlinge überhaupt mal berichtet. Wär das nicht eine lohnende taz Reportage?

    Schwule Palästinenser müssen in ihrer Heimat jeden Tag um ihr Leben fürchten. Wenn die Homosexualität bekannt wird, droht ihnen Folter und Tod. Geflohene Betroffene berichten von Steinigungen, Ertränken in Güllegruben und ähnlichen Maßnahmen, die zum Tod führen. Des Weiteren wird ihnen nahegelegt sich als Selbstmordattentäter zu verdingen, um so die Ehre der Familie zu retten. Lediglich ein Mitarbeiter der Schwulen und Lesben Organisation Agudah kümmert sich um die Flüchtlinge. Mittlerweile scheint zumindest die Polizei sie zu dulden. Die internationalen Menschenrechtsorganisationen haben laut einem Bericht der Sueddeutschen Dringlicheres zu tun, als sich um diese Menschenrechtsverletzungen zu kümmern. Eingeschlossen Amnesty International.

     

    Deshalb noch einmal meine Bitte an die taz eine ausführliche Reportage über die Situation schwuler Palästinenser zu schreiben. Dem Terror, der jetzt in Tel Aviv stattfand, sind diese Menschen in ihrer Heimat fast täglich ausgesetzt. Und es interessiert niemand. Noch nicht einmal mersi, die schwule Menschenrechtsorganisation von ai.

     

    Diese Menschen brauchen Aufmerksamkeit!!!!!!

     

    Für alle, die sich genauer informieren wollen:

     

    http://agudah.israel-live.de/news/fluechtling.htm

     

    http://www.sueddeutsche.de/politik/809/354639/text/