: Angepaßt statt Wild
Genau das wollte sie nicht sein: Eine Seiten-Einsteigerin, die zur Seiten-Aussteigerin wird. Gisela Wild, 61 Jahre, Rechtsanwältin, am 19. September 1993 als Spitzenkandidatin der FDP zu den Bürgerschaftswahlen angetreten und an der Fünfprozenthürde gescheitert.
4,2 Prozent konnte sie einfangen - zurück in die Kanzlei. Zunächst gab sie sich dennoch kämpferisch: „Wenn wir Liberalen als Partei überleben wollen“, resümierte sie unmittelbar nach den Wahlen vor ihren Parteifreunden, „müssen wir eine Grunderneuerung vornehmen“.
Gehört hat man nicht auf sie, im Gegenteil. Hamburgs FDP dümpelt ein Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Parlament auf „bewährtem“ Kurs vor sich hin. Den Ton geben jene Funktionäre an, deren Farblosigkeit lange Jahre Parteichef Robert Vogel ein wenig übertüncht hatte. In der Bürgerschaft treffen sich die Ex-Parlamentarier zum Veteranen-Meeting auf den Zuschauertribünen. Auf den Wahlplakaten warnt der neue Parteichef Rainer Funke grau in grau vor „roten Signalen“, auf einen Einsatz der ehemaligen Spitzenkandidatin dagegen wird allzu gern verzichtet.
Motto der Hamburger FDP 1994: Lieber angepaßt als wild.
uex
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