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Angemeierte Ost-Verbraucher

■ Verbraucher aus den FNL brauchen mehr Aufklärung über das wahre Gesicht der Marktwirtschaft

Berlin (dpa/lbn) — Die Ostler sollen noch mehr aufgeklärt werden, fordert der Berliner Verbraucherausschuß. Sie sind den Gefahren des Konsums nicht gewachsen und würden wegen ihrer Unerfahrenheit von unseriösen Geschäftemachern „schamlos ausgenutzt“. Deshalb warnte der Verbraucherausschuß vor überhöhten Preisen, unrealistischen Versprechungen, unsinnigen Produkten und der Gefahr der Verschuldung. Die häufigsten Beschwerden betreffen Werbe- und Verkaufsveranstaltungen in Gaststätten, Haustürgeschäfte von Werbekolonnen und Gewinnspiele „mit Gewinngarantie“. Manchmal sei die einwöchige Widerrufsfrist nicht einzuhalten, weil die Firmen plötzlich verschwunden seien oder die Adressen nicht stimmten.

„Die Ex-DDR-Bürger haben ein etwas anderes Rechtsbewußtsein“, sagte der Berliner Verbraucherberater Thomas Reuter. Überhöhte Preise würden als „Betrug“ angesehen. Tatsächlich aber sei die Preisgestaltung frei. Oft werde nicht verstanden, daß auch mehr oder weniger abgepreßte Unterschriften Rechtskonsequenzen hätten. Übertriebene und irreführende Werbeaussagen würden zu wörtlich genommen. Wegen der schlechten Erfahrungen sei ein „wachsendes Mißtrauen“ zu registrieren. Die Verbitterung gehe sogar soweit, daß geprellte Ostdeutsche die Marktwirtschaft pauschal als „ganz und gar betrügerische Gesellschaft“ ansähen.

„Die Wirtschaft geht vom mündigen Konsumenten aus“, betonte hingegen Thomas Dohmen vom Gewerberechtsreferat der Wirtschaftsverwaltung. Die Gewerbeaufsicht könne erst einschreiten, wenn es zu einer Übervorteilung gekommen und dies bei der Polizei angezeigt worden sei. Was der Westen in den 50er und 60er Jahren durchlebt habe, widerfahre jetzt den neuen Bundesländern, so Dohmen.

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