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Angebot der Gewerkschaft IG MetallLohnsenkungen statt Kündigungen

Die IG Metall setzt auf die 28-Stunden-Woche. Das hieße deutlich weniger Lohn als bei Kurzarbeit.

Die Gewerkschaft sieht die Arbeitszeitverkürzung als Ergänzung zu den bestehenden Kurzarbeiterregelungen. Bild: dpa

BERLIN tazLohnreduzierung gegen Sicherheit des Arbeitsplatzes - dieses Geschäft bietet die Gewerkschaft IG Metall den Unternehmen an. Um Kündigungen von Beschäftigten angesichts der Wirtschaftskrise zu verhindern, könne die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden pro Woche sinken, wobei nur ein teilweiser Lohnausgleich gezahlt würde. Diesen Vorschlag, unter anderem des IG-Metall-Chefs Oliver Burkhard, hat auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers unterstützt.

"Es macht ökonomisch Sinn, die vorgesehenen Steuersenkungen um ein Arbeitsplatzzukunftspaket zu ergänzen", sagte Rüttgers dem Handelsblatt. Der CDU-Politiker, der sich mit arbeitnehmerfreundlichen Positionen für die NRW-Landtagswahl 2010 in Stellung bringt, stieß damit auf Skepsis der Bundeskanzlerin. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in Dauersubventionen reinrutschen, aus denen wir nie wieder rauskommen", sagte Angela Merkel beim Arbeitgebertag der Wirtschaftsverbände. Für die Arbeitszeitverkürzung, an deren Finanzierung sich der Staat beteiligen soll, plädiert auch der Präsident des Industrieverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegießer. Arbeits- und Sozialminister Franz-Josef Jung (CDU) dagegen weiß noch nicht genau, was er von der Idee halten soll. Erst lehnte er sie ab, nun soll ein Gespräch stattfinden.

Gewerkschaft und Industrieverband sehen die Arbeitszeitverkürzung als Ergänzung zu den bestehenden Kurzarbeiterregelungen. Diese will die Regierung heute zwar voraussichtlich um 18 Monate bis 2011 verlängern. Doch die kürzere Arbeitszeit würde den Unternehmen mehr Geld sparen.

Im Rahmen der gegenwärtigen Kurzarbeit übernimmt die Bundesagentur für Arbeit zurzeit 60 Prozent des Lohnes, auf den die Beschäftigten verzichten. Auch die nicht gezahlten Sozialbeiträge trägt die Bundesagentur und entlastet auf diese Weise die Unternehmen und Arbeitnehmer. Diese großzügigen Regelungen sind der Grund dafür, warum bislang trotz Wirtschaftskrise so wenige Beschäftigte entlassen wurden. Allerdings müssten die Firmen Urlaubs- und Weihnachtsgeld weiterzahlen, auch wenn Kurzarbeit stattfindet, erklären sowohl IG Metall als auch Gesamtmetall.

Dies wäre im Falle der Arbeitszeitverkürzung auf 28 Stunden nicht so. Wenn die tarifliche Arbeitszeit sinkt, verringern sich die Sonderzahlungen entsprechend. Um das zu ermöglichen, will die IG Metall den alten Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung von 1994 verändern. Die wöchentliche Arbeitszeit könnte dann auf 28 Stunden sinken, und die Beschäftigten würden für den zusätzlichen Ausfall nur 25 Prozent Lohnersatz erhalten.

Die Lohneinbußen seien gerechtfertigt, heißt es bei der IG Metall. Sonst stehe zu befürchten, dass die Unternehmen im kommenden Jahr viele Beschäftigte entließen. Denn neben den höheren Kosten habe die Kurzarbeiterregelung einen weiteren Nachteil. Trotz der Verlängerung um 18 Monate könnten die Firmen sie nicht unbegrenzt wahrnehmen, so Wolfgang Nettelstroth von der IG Metall NRW. In vielen Betrieben sei 2010 definitiv Schluss.

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12 Kommentare

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  • M
    Matthias

    @pyro: Ich kann dir nicht ganz nachvollziehen was deine Ausführungen mit Lohndumping und Ausbeutung zu tun haben. Und dass der Neoliberale Weg der richtige ist, sehe ich ganz und gar nicht! Dann werden nämlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut und je nach Bedarf hinterher mit 400€ Kräften, Leiharbeitnehmern oder Befristeten gefüllt. Und, zumindest für mich, haben nicht nur die Höhe der Vergütung, die Arbeitszeit und die angebotenen Leistugen des AG was mit einem guten Job zu tun - sondern auch die Sicherheit dieses Arbietplatzes und eine Perspektive.

     

    @vic: Vollste Zustimmung!

     

    Und zu letzt: Wir alle wissen doch noch den Quantensprung für die AG Seite durch die Einführung von ERA! Schon damals hat die IGM gegen ihre Mitglieder gehandelt. Leider scheint nicht nur die Wirtschaft zu ameriakanisieren, sondern auch die Qualität der Gewerkschaftsarbeit!

  • P
    Pyro

    Schwierig, das Ganze. Entlassungen oder Belastung des Staatshaushaltes?

    Neoliberale würden für Entlassungen plädieren - die Marktwirtschaft richte sich schon selber wieder auf.

    Sozialisten dagegen wären wohl eher für die Belastung des Staatshaushaltes, da sich die Wirtschaft schon bald wieder erholen werde und man dann neue Wege finden könne.

     

    Ich bin alles andere als liberal, aber ich bin nicht so naiv zu glauben, die Wirtschaft richte sich wieder so gut auf, dass sie wieder soviele Vollbeschäftigte einstellt wie vor der Krise. Wenn die Staatskasse soviel übernimmt, dann kommt das den Unternehmen zugute, die das Geld nicht später in neue Arbeiter, sondern in Technologie und Wachstum, in Aktien, Grundkapital, Aktionäre und Manager pumpen und den Gewinn einfach einstreicht, ohne ihn auszugeben.

     

    Das liberale Modell macht mehr Sinn, da die Betriebe sich erstmal verkleinern, um wieder Gewinn zu erwirtschaften. Später, bei Expansionen, werden sie sich vergrößern und wieder neue Arbeiter einstellen. Das Geld verschwindet also nicht, sondern muss dann wieder neu investiert werden, um eben mehr Gewinne zu erhalten. Erst Verlust, dann Gewinn - das ist eine Gewinnerformel für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Seltsamerweise.

  • S
    Siegfried

    Kurzarbeitergeld belastet vorallem auch den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit. Abgesehen von dem Missbrauch, den Unternehmen nachweislich damit getrieben haben, treiben, -hier bleibt die Empörung aus und alleine dies ein Grund nach anderen Lösungen zu suchen-, fehlt das Geld dann für Maßnahmen zu ALGI und AlGII.

    Und letztlich besteht dann die Gefahr, vorallem da die BA von der Regierung nur Darlehen zur Begleichung ihres Defizites bekommt, die sie zurück zahlen muss, dass irgendwann wieder der Schrei durch die Republik halt: ausufernde Sozialkosten. Das können wir uns nicht leisten. Kürzen, Streichen, Reform! Dann sieht es wohlmöglich noch düsterer aus wenn man doch mal arbeitslos wird als durch Hartz jetzt schon. Und der Druck, Arbeit um jeden Preis anzunehmen, arbeiten für jeden Preis, erhöht sich wohl weiter.

    Auch wenn jede Lohneinbuße ganz sicher weh tut, trotzdem die bessere Idee.

  • V
    vic

    Lohnkürzungen sind der falsche Weg.

    Will die BRD tatsächlich eine ausschießlich von Export lebende Nation werden? Was ist mit der deutschen Bevölkerung, zu deren Wohl ein Eid geleistet wurde?

    Kapitalertragssteuer jetzt sofort, unabhängig davon Vermögenssteuer, Beteiligung eines jeden Deutschen an den Sozialsystemen wie Krankenversicherung, Rentenversicherung.

    Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel senken, für Luxusgüter erhöhen.

    Es gibt genug Möglichkeiten der Unter-und Mittelschicht das wenige Geld zu lassen. Die Regierung müsste nur wollen.

  • M
    Manni

    Hallo,

     

    also ich stehe da jetzt zwischen zwei Stühlen. Natürlich ist es gut wenn durch diese Methode Arbeitsplätze erhalten werden können.

     

    Wie groß ist jedoch die Gefahr, dass die 28 Stundenwoche seitens der Arbeitgeber als eine neue Chance für Lohndumping genuzt wird und dadurch Langzeitfolgen für die Arbeitnehmer entstehen?

  • TF
    thomas fluhr

    Ich dachte, die Zeitarbeit-Sklaven sollten Lohnanpassung erhalten. ich war naiv an die andere Richtung zu glauben.

    In Zukunft soll sich wohl Arbeit für niemanden mehr lohnen.

    Aber wovon leben dann alle? Arbeitsplatzgarantie füllt keinen,

    pardon, nicht den Magen des Arbeiters.

  • M
    Matthias

    @pyro: Ich kann dir nicht ganz nachvollziehen was deine Ausführungen mit Lohndumping und Ausbeutung zu tun haben. Und dass der Neoliberale Weg der richtige ist, sehe ich ganz und gar nicht! Dann werden nämlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut und je nach Bedarf hinterher mit 400€ Kräften, Leiharbeitnehmern oder Befristeten gefüllt. Und, zumindest für mich, haben nicht nur die Höhe der Vergütung, die Arbeitszeit und die angebotenen Leistugen des AG was mit einem guten Job zu tun - sondern auch die Sicherheit dieses Arbietplatzes und eine Perspektive.

     

    @vic: Vollste Zustimmung!

     

    Und zu letzt: Wir alle wissen doch noch den Quantensprung für die AG Seite durch die Einführung von ERA! Schon damals hat die IGM gegen ihre Mitglieder gehandelt. Leider scheint nicht nur die Wirtschaft zu ameriakanisieren, sondern auch die Qualität der Gewerkschaftsarbeit!

  • P
    Pyro

    Schwierig, das Ganze. Entlassungen oder Belastung des Staatshaushaltes?

    Neoliberale würden für Entlassungen plädieren - die Marktwirtschaft richte sich schon selber wieder auf.

    Sozialisten dagegen wären wohl eher für die Belastung des Staatshaushaltes, da sich die Wirtschaft schon bald wieder erholen werde und man dann neue Wege finden könne.

     

    Ich bin alles andere als liberal, aber ich bin nicht so naiv zu glauben, die Wirtschaft richte sich wieder so gut auf, dass sie wieder soviele Vollbeschäftigte einstellt wie vor der Krise. Wenn die Staatskasse soviel übernimmt, dann kommt das den Unternehmen zugute, die das Geld nicht später in neue Arbeiter, sondern in Technologie und Wachstum, in Aktien, Grundkapital, Aktionäre und Manager pumpen und den Gewinn einfach einstreicht, ohne ihn auszugeben.

     

    Das liberale Modell macht mehr Sinn, da die Betriebe sich erstmal verkleinern, um wieder Gewinn zu erwirtschaften. Später, bei Expansionen, werden sie sich vergrößern und wieder neue Arbeiter einstellen. Das Geld verschwindet also nicht, sondern muss dann wieder neu investiert werden, um eben mehr Gewinne zu erhalten. Erst Verlust, dann Gewinn - das ist eine Gewinnerformel für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Seltsamerweise.

  • S
    Siegfried

    Kurzarbeitergeld belastet vorallem auch den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit. Abgesehen von dem Missbrauch, den Unternehmen nachweislich damit getrieben haben, treiben, -hier bleibt die Empörung aus und alleine dies ein Grund nach anderen Lösungen zu suchen-, fehlt das Geld dann für Maßnahmen zu ALGI und AlGII.

    Und letztlich besteht dann die Gefahr, vorallem da die BA von der Regierung nur Darlehen zur Begleichung ihres Defizites bekommt, die sie zurück zahlen muss, dass irgendwann wieder der Schrei durch die Republik halt: ausufernde Sozialkosten. Das können wir uns nicht leisten. Kürzen, Streichen, Reform! Dann sieht es wohlmöglich noch düsterer aus wenn man doch mal arbeitslos wird als durch Hartz jetzt schon. Und der Druck, Arbeit um jeden Preis anzunehmen, arbeiten für jeden Preis, erhöht sich wohl weiter.

    Auch wenn jede Lohneinbuße ganz sicher weh tut, trotzdem die bessere Idee.

  • V
    vic

    Lohnkürzungen sind der falsche Weg.

    Will die BRD tatsächlich eine ausschießlich von Export lebende Nation werden? Was ist mit der deutschen Bevölkerung, zu deren Wohl ein Eid geleistet wurde?

    Kapitalertragssteuer jetzt sofort, unabhängig davon Vermögenssteuer, Beteiligung eines jeden Deutschen an den Sozialsystemen wie Krankenversicherung, Rentenversicherung.

    Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel senken, für Luxusgüter erhöhen.

    Es gibt genug Möglichkeiten der Unter-und Mittelschicht das wenige Geld zu lassen. Die Regierung müsste nur wollen.

  • M
    Manni

    Hallo,

     

    also ich stehe da jetzt zwischen zwei Stühlen. Natürlich ist es gut wenn durch diese Methode Arbeitsplätze erhalten werden können.

     

    Wie groß ist jedoch die Gefahr, dass die 28 Stundenwoche seitens der Arbeitgeber als eine neue Chance für Lohndumping genuzt wird und dadurch Langzeitfolgen für die Arbeitnehmer entstehen?

  • TF
    thomas fluhr

    Ich dachte, die Zeitarbeit-Sklaven sollten Lohnanpassung erhalten. ich war naiv an die andere Richtung zu glauben.

    In Zukunft soll sich wohl Arbeit für niemanden mehr lohnen.

    Aber wovon leben dann alle? Arbeitsplatzgarantie füllt keinen,

    pardon, nicht den Magen des Arbeiters.