Andy Warhol zum 80sten: Der Pate des Pop
Mit Andy Warhols Campbell-Suppendosen-Bildern zog der Glamour in die Reproduktion des Alltäglichen ein. Jetzt wäre er 80 Jahre alt geworden.
Andy Warhol hat dafür gesorgt, dass seine 15 Minuten Ruhm etwas länger dauerten. Dafür war dem Medienkünstler avant la lettre beinahe jedes Mittel recht. Seine beispiellose Transformation des Ichs zu einer Figur öffentlichen Interesses bei gleichzeitiger Wahrung persönlicher Geheimnisse macht ihn noch heute zu einem viel bewunderten Künstler: "ANDY WARHOL IST EIN lieblichster TOTALER VITALITÄTSSTAATSKRISTALL", schrieb Jonathan Meese über Warhol, der heute 80 Jahre geworden wäre.
Es ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die aus dem Leben des mäßig attraktiven, chronisch schüchternen und lange kränkelnden Andrew Warhola den Superstar der New Yorker Kunst- und Undergroundszene Andy Warhol werden ließ. Noch heute ist die Begeisterung für legendäre Bildmotive wie die Suppendosen und schlichte Dollarnoten, für Mao, Beuys, Goethe und Marilyn Monroe ungebrochen.
"Ich weiß nicht, wo das Künstliche aufhört und das Wirkliche beginnt." Mit diesem Credo wurde Andy Warhol beispielhaft für ein Künstlerleben des vergangenen Jahrhunderts. Über weite Strecken liest sich sein Leben wie die Verwirklichung des American Dream. Als er 1987 starb, mit nur 57 Jahren, war er eine der bekanntesten Kunstfiguren der Welt.
Wer sich mit Pop beschäftigt, ob in Kunst, Musik oder im Film, kommt an Andy Warhol auch heute nicht vorbei. Bis zu ihm gab es eine strikte Trennung zwischen der high und low art - seit Warhol gibt es nur Kunst. Alles kann Kunst sein, alles kann Kunst werden - jeder Mensch hat das Potenzial, alles aus sich zu machen. Das klingt ein wenig nach psychologischem Ratgeber zur Selbstfindung, aber diesen Aspekt hat es bei Warhol nie gegeben. Er machte sein Ding, so würde man heute salopp sagen, ohne Rücksicht auf Verluste. Das haben einige seiner Freunde schmerzhaft erfahren müssen.
Eine Leistung Warhols liegt in der Vermischung von Leben und Kunst. Sein Leben war eine Inszenierung, seine Werke protokollierten den Alltag und zeigten, zum Beispiel in den Desaster-Serien, auch die Schattenseiten der Wirklichkeit, den Preis für den American Dream. Die Freiheit, die er sich nahm, um sein Leben so zu leben und seine Kunst so zu machen, wie er es wollte, ist und bleibt beneidenswert. Warhol hatte ein unerhörtes Talent fürs Zeichnen und war ein Visionär, der nicht nur genau wusste, was er wollte, nämlich reich und berühmt werden, sondern auch, wie er das bewerkstelligen konnte. Was immer man auch über seinen Geiz, seine Kauforgien, seine Merkwürdigkeiten sagen mag, in der Umsetzung seiner Ziele war er ein Genie - und das wären gerne viele Menschen. Immer noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein