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AnalysePrinzip Draufhalten

■ Im Konflikt um die Provinz Kosovo ist keine friedlich Lösung in Sicht

Im Kosovo, dem „serbischen Jerusalem“, wie der ehemalige kommunistische Parteifunktionär aus Priština, Dusan Ristić, die Provinz im Süden Serbiens einmal bezeichnete, knallt es wieder. Am Mittwoch entführten Unbekannte einen serbischen Polizeichef. Zuvor waren bei Schießereien zwischen Albanern und serbischen Polizisten mehrere Personen verletzt worden, von drei Toten ist die Rede. Um ihrem Vorgehen Nachdruck zu verleihen, soll die Belgrader Ordnungsmacht Panzer und Hubschrauber eingesetzt haben.

Diese Szenarien sind nicht neu: Der Konflikt um den Kosovo schwelt seit Jahren und ist so einfach wie kompliziert. Denn gerade dieser Flecken Erde wird von den Serben zum identitätsstiftenden Mythos stilisiert, ist aber dummerweise zu 90 Prozent von Albanern bewohnt. 1987 setzte Belgrad den per Verfassung garantierten Autonomiestatus außer Kraft und die Rechte für Albaner gleich mit. Auf Proteste, die sich mehr oder weniger gewalttätig artikulierten, hatte Belgrad bislang nur eine Antwort: Zwangsassimilierung mit allen Mitteln, was nichts anderes bedeutete als: draufhalten.

An diesem Konzept, das notfalls einen Krieg billigend in Kauf nimmt, wird sich nichts ändern. Zumal der Nationalismus in Serbien, das am 7. Dezember zu einem erneuten Versuch ansetzt, einen Präsidenten wählen zu lassen, Hochkonjunktur hat. Sollte der Rechtsextremist Vojislav Šešelj in den Präsidentenpalast einziehen, könnte „die Wiege der serbischen Nation“ zum Kriegsschauplatz avancieren.

Lautstarke Proteste von innen hätte Šešelj in diesem Fall nicht zu befürchten. Denn auch halbherzige Initiativen zur Beilegung der Krise von seiten der Opposition können kaum verdecken, daß eine potentiellen Gewaltanwendung im Kosovo in Serbien lagerübergreifender Konsens ist.

Die Einsicht, daß nur Gewalt den Konflikt entscheiden kann, scheint sich auch in Priština durchzusetzen. Der Chef der Demokratischen Liga Kosovos, Ibrahim Rugova, der als Verhandlungspartner für Belgrad hätte taugen können, verliert zunehmend an Einfluß. Ein Indiz dafür sind radikale albanische Gruppen, die sich, wie die sogenannte Untergrundarmee, verselbständigt haben und auf eigene Faust agieren. Ein anderes Indiz ist die Gründung eines Demokratischen Forums als Opposition zu Rugova, dessen Anhänger sich schon fleißig Gedanken über neue Formen des „aktiven bürgerlichen Widerstandes“ machen.

Und so stehen die Chancen für eine friedliche Lösung heute schlechter denn je. Das war wohl auch Klaus Kinkel und seinem französischen Kollegen Hubert Vedrine bei ihrem Vorschlag zur Lösung der Kosovo-Krise klar. Den wies Belgrad als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück. Die klärt man nämlich ohne fremde Hilfe. Barbara Oertel

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